Wie es um die Gleichstellung von Männern und Frauen steht, wurde schon bei der Besetzung des Podiums deutlich. Auf Einladung der IG Metall diskutierten die Betriebsratschefs und die Personalleiter von Salzgitter AG, Alstom und dem Salzgitteraner VW-Werk darüber. Unter den sechs Chefs auf der Bühne war gerade mal eine Frau.
Einig waren sich alle: Es gibt noch jede Menge zu tun. Schon vor 30 Jahren hatten VW-Mitarbeiterinnen auf einem Plakat familiengerechte Arbeitszeiten und mehr Qualifizierung gefordert es könnte von heute sein. So versprach Katrin Börsting, Personalchefin bei VW in Salzgitter, sich das Plakat ins Büro zu hängen, sozusagen als tägliche Mahnung.
Bei Volkswagen vereinbarten Unternehmensleitung und Gesamtbetriebsrat schon 1989 „Grundsätze zur Frauenförderung“. Börsting betonte, wie wichtig es sei, Ziele klar zu definieren, um sie dann konsequent zu verfolgen. Fast jeder dritte gewerblich-technische Auszubildende in dem VW-Werk sei inzwischen weiblich, obwohl bei den Bewerbern nur knapp ein Fünftel Frauen seien kein Zufall, sondern die Umsetzung eines selbstgesteckten Ziels. „Wenn wir nicht verstärkt Frauen ausbilden, haben sie keine Chance, in den oberen Etagen anzukommen“, erläuterte Börsting. Im oberen Managementbereich, dort wo hohe Entgelte gezahlt werden, seien die Frauen auch bei VW nur noch schwach vertreten. Laut dem Betriebsratschef des Werks, Andreas Blechner, sind es dort auf den beiden obersten Ebenen 6 Prozent. Bei Alstom liegt der Anteil in den drei obersten Führungsebenen bei 15 Prozent, wie Jens Bünte, Arbeitsdirektor von Alstom Transport Deutschland, berichtete. Das Ziel bis zum Jahr 2020: 22 Prozent. Börsting riet den Frauen, sich Karriere-Mechanismen anzusehen. Es sei wichtig aufzufallen, etwa durch ein Auslandsjahr, das VW intern anbietet.
Der Aufsichtsrat der Salzgitter AG musste sich nach dem „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen“, das seit Januar gilt, selbst ein Ziel zur Erhöhung des Frauenanteils stecken: „Wir haben 30 Prozent durchgesetzt“, berichtete Konzernbetriebsratschef Hasan Cakir. Die Quote sei eindeutig richtig: „Sonst hätte es noch 30 Jahre gedauert.“
Als Personalverantwortlicher habe ihn das Geschlecht nie interessiert, sagte Michael Kieckbusch, inzwischen Arbeitsdirektor der Salzgitter AG. Zwar seien nur 10 Prozent der Flachstahl-Mitarbeiter Frauen, doch auch bei den oberen Führungskräften seien es 11 Prozent. In den Ingenieursberufen sei es schwierig, Mitarbeiterinnen zu finden. Deshalb sei noch mehr Förderung von Mädchen nötig, um sie für die Naturwissenschaften zu begeistern.
Im Betriebsrat müsse ebenfalls etwas passieren, gestand Cakir ein. Im Alltag versande das Thema immer wieder, bekannte auch Blechner. „Wir müssen auf allen Ebenen die Rechte festschreiben“, sagte Cakir. So forderte er etwa ein Anrecht, nach der Familienphase in Vollzeit zurückzukehren. Nach einer längeren Pause müssten Frauen zudem einen Anspruch auf Qualifizierung haben, um Verpasstes nachzuholen. Blechner verlangte darüber hinaus ein Recht auf denselben Job. Heute hätten die Betroffenen oft das Gefühl, „irgendwie untergebracht“ werden zu müssen. „Wir müssen an der Atmosphäre arbeiten.“
Kieckbusch begrüßte den Vorschlag. Wenn die Frauen dies nicht wollten, müssten aber auch Teilzeit-Modelle bereitgehalten werden. „Die Erwerbstätigen werden weniger“ im Kampf um die besten Köpfe könnten Unternehmen auf Frauen künftig nicht mehr verzichten. Die Rufe nach Flexibilität werden laut Bünte lauter. Bei VW etwa wünschte sich Börsting zufolge in einer Umfrage vor zwei Jahren die Hälfte der Mitarbeiter, von zu Hause aus arbeiten zu können.
Immerhin hat sich schon etwas getan: Baki Erkoc, Vize-Betriebsratsvorsitzender bei Alstom, traute seinen Augen kaum, als er vor zehn Jahren die Gehälter der Mitarbeiter verglich. Dreimal habe er nachgerechnet, doch das Ergebnis bestätigte sich: Die Frauen verdienten ein Viertel weniger. Laut den Chefs waren die Frauen selbst schuld, berichtete Erkoc, etwa weil sie keine Gehaltserhöhung gefordert hatten. Er setzte eine neue Eingruppierung durch.
Dieser Artikel ist am 13.03.2016 in der Braunschweiger Zeitung erschienen. Weitere Nachrichten und alles Wissenswerte aus Braunschweig, Wolfsburg und der Region38 finden Sie auf
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