Es geht seit langem bergauf mit der deutschen Wirtschaft – mit der niedersächsischen Konjunktur im Gefolge gleich mit. Der Optimismus wächst. Aber war da nicht was? Politische Unsicherheit, unberechenbare Politik von US-Präsident Donald Trump, drohende Zölle? Das rückt in den Hintergrund – so lange die Geschäfte laufen. Noch weiß niemand, was politische Umbrüche langfristig anrichten. Was also tun? Darum geht es auf dem niedersächsischen Außenwirtschaftstag auf der Hannover Messe.
Gibt es schon Auswirkungen der unberechenbare Politik auf die Konjunktur?
Bisher noch nicht – paradoxerweise, sagt Henning Vöpel, Geschäftsführer des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts HWWI.
Derzeit seien die Konjunkturaussichten günstig. Es seien ernstere Konsequenzen erwartet worden, urteilt auch NordLB-Chefvolkswirt Torsten Windels: «Die Verunsicherung schlägt sich relativ wenig nieder.» Allerdings: Im Vergleich mit 2015 sei der deutsche Export nach Großbritannien im Schlussquartal 2016 um 10 Prozent schwächer ausgefallen. Effekte gibt es also. Aber: «Die gesamte Volkswirtschaft kompensiert das sehr effizient», erklärt Windels. Erfolge in anderen Märkten helfen dabei. Horst Schrage, Hauptgeschäftsführer der IHK Niedersachsen, erwartet daher für die Unternehmen im Land ein «sehr positives Jahr 2017».
Aber was ist mit den Zukunftserwartungen der Firmen in Niedersachsen?
Alles bestens, die niedersächsischen Firmen sind optimistischer denn je. «Es geht deutlich aufwärts», sagt Schrage. 29 Prozent der Unternehmen wollten im Inland investieren, außerdem wollten sie Kapazitäten ausbauen und Personal einstellen. «Die vielen politischen Unsicherheiten im internationalen Bereich sind damit jetzt in den Hintergrund gerückt.» Zum Jahreswechsel seien die Firmen deutlich skeptischer gewesen. Mittelfristig seien die Zukunftsaussichten für die Märkte in Großbritannien, den USA oder der Türkei aber «eher schlechter». Und: Niedersachsen wickelt den Export überwiegend über Schiffe ab – und dürfte mit Problemen für die Hafenwirtschaft rechnen müssen, wenn der globale Handel nicht mehr floriere, erklärt Windels.
Wie können Unternehmen auf drohende Umbrüche reagieren?
Schwer zu sagen. Vöpel meint: «Wir stehen vor einem neuen Kapitel der Globalisierung.» Laut IHK werden die Firmen internationale Geschäfte künftig «regional stärker differenzieren» und Auslandsinvestitionen entsprechend umlenken. Direkte Auswirkungen auf Arbeitsplätze seien seriös nicht zu prognostizieren. NordLB-Chefvolkswirt Windels schlägt vor, die Abhängigkeit zu verringern – mit verschiedenen Produkten bei verschiedenen Kunden in verschiedenen Ländern. Der Weg, den die großen Konzerne seit Jahren einschlagen, könnte kleinere Unternehmen überfordern: nämlich mit der Produktion den Absatzmärkten und Abnehmern zu folgen. Letztlich sei Unterstützung der Politik nötig, um eine kooperative Lösung mit offenen Märkten zu finden.
In welche Länder exportiert Niedersachsen hauptsächlich?
Die wichtigsten Exportpartner sind die Niederlande, Großbritannien, Frankreich und die USA – gleich zwei der vier Hauptpartner werden also mit Sorge betrachtet. Dennoch gebe es keinen Grund, in Panik zu verfallen, urteilt Schrage. Die USA bleiben nach Kammereinschätzung ein wichtiger Handelspartner – auch im Falle protektionistischer Maßnahmen. Und sollte Großbritannien den Zugang zum EU-Binnenmarkt verlieren, sei das noch nicht gleichbedeutend mit weniger Lieferbeziehungen, auch wenn sich die Kosten erhöhen dürften.
Wie viel exportiert Niedersachsen in die USA und nach Großbritannien?
2016 wurden laut Wirtschaftsministerium Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 5,8 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten exportiert – 6,8 Prozent der Ausfuhren. Der größte Anteil entfiel auf die Autoindustrie, auch gefragt waren Wasserfahrzeuge und Maschinen. Die Exporte der Automobilbranche legten – trotz des VW-Abgasskandals mit den drastischen Auswirkungen vor allem in den USA – spürbar zu: 2016 lag der Wert bei 1,79 Milliarden Euro – nach 1,39 Milliarden Euro ein Jahr zuvor. Windels warnt, die Stärke bei den Autos könnte sich spätestens dann nachteilig auswirken, wenn die USA wirklich hohe Zölle erheben. Nach Großbritannien gingen 2016 Exporte mit einem Wert von 6,42 Milliarden Euro – der Ausfuhranteil lag bei 7,5 Prozent.