8. August 2019
Aus der Region

Zwischen Klimawandel und Sternehotel

Der Wirtschaftsstandort Harz im Portrait

Foto: Hahnenklee Tourismus Marketing GmbH/Stefan Schiefer

Gerade erst wird der Harz von einer Generation als touristisches Ausflugsziel neu entdeckt. Im Landkreis Goslar entwickeln sich zahlreiche touristische Highlights und Hotels. Parallel dazu stehen die lokalen Akteure vor Herausforderungen wie schwindenden Wasservorräten, Sturmschäden und einem kleinen Käfer, der den ganzen Nationalpark verändert.

Wer sich umhört, wofür Bad Harzburg bekannt ist, wird wahrscheinlich genauso viele Antworten bekommen, wie er Personen fragt: Bad Harzburg ist die Stadt, durch die ein Großteil der Touristen aus Richtung Norden auf der Bundesstraße 4 fährt, wenn sie in den Nationalpark Harz wollen. Bad Harzburg hat einen Bahnhof mit einer Busanbindung in den Nationalpark und ist daher auch bei Gästen beliebt, die kein Auto haben. In Bad Harzburg gibt es die Burgbergseilbahn und den Baumwipfelpfad. Von dort kommt das gleichnamige Mineralwasser, es gibt eine Therme mit Natursole und in der Fußgängerzone steht ein Jungbrunnen. Und über viele Jahre gab es die Ruine des ehemaligen Luxushotels Harzburger Hof, die fast 17 Jahre lang leer stand und durch Brandstiftung und Vandalismus zerstört wurde.

Letztlich ordnete das Verwaltungsgericht Braunschweig 2017 den Abriss des heruntergekommenen Komplexes an, einige Monate später tauchte die Primus Harzburger Hof GmbH als neuer Investor in den lokalen Medien auf. Seitdem ist wieder Ruhe eingekehrt, eine Grundsteinlegung ist bisher nicht erfolgt. Und die hinter der extra gegründeten GmbH stehende Primus Immobilien AG hält sich bedeckt. Nach der ersten Euphorie möchte der Projektentwickler und Bauträger aus Berlin abwarten, bis tatsächlich alle offenen Fragen geklärt sind.

Bad Harzburg ist keine verträumte Kurstadt mehr. Mit modernen Angeboten lockt die Stadt immer mehr Familien und jüngere Gäste in den Harz. Foto: Tourismus- und Wirtschaftsbetriebe Bad Harzburg

Die Hotel-Angebote werden vielfältiger

Karina-Anna Dörschel beobachtet die Entwicklungen auf der mittlerweile leer geräumten Fläche. Die Geschäftsführerin der Sonnenhotels mit Geschäftssitz in Goslar betreibt wenige hundert Meter entfernt das Sonnenresort Ettershaus mit den angeschlossenen Restaurants Taut´s und Hexenwerk. „Wenn es wirklich einen neuen Harzburger Hof, also wieder ein Luxushotel mit vier oder fünf Sternen, gibt, wäre das eine tolle Bereicherung für Bad Harzburg!“, ist sie überzeugt. Insgesamt betreibt das von ihren Eltern gegründete Familienunternehmen zwölf Hotels in Deutschland und Österreich, drei davon im Harz. Eine gute Dichte von hochwertigen Produkten, so Dörschel, schaffe auch ein gutes Image für einen Ort. Und davon profitieren alle in der Umgebung.

Erst im Dezember eröffnete das Resort, das insgesamt über 160 Betten verfügt. Die Zielgruppe sind Familien mit Kindern, daher sind einige der Hotelzimmer und Appartements mit separaten Kinderzimmern oder Doppelstockbetten ausgestattet. „Neben Freizeitsportlern sind es besonders die Familien, die den Harz neu für sich entdecken und einen Kurzurlaub bei uns verbringen“, erzählt Dörschel. Durchschnittlich bleiben ihre Gäste für drei Nächte, was etwa dem entspricht, was auch die Zahlen des Landesamts für Statistik zeigen. Neben den Gästen des Sonnenresort profitieren auch die Tagesgäste von Bad Harzburg vom Hexenwerk. Bis in den frühen Abend hinein ist das Restaurant für die Selbstbedienung konzipiert, erst am Abend gibt es Bedienung am Tisch. Dass sich die Gäste verändert haben, macht sich auch an der Art und Weise bemerkbar, wie mittlerweile Werbung für einen Urlaub im Harz gemacht wird. Aktivität im Internet ist nicht mehr wegzudenken.

Über Instagram und YouTube hat Bad Harzburg in den letzten Monaten mehr Menschen erreicht, als eine Buswerbung je ermöglichen könnte: Fast zwei Millionen Menschen klickten bisher die vermeintliche Aufnahme einer Überwachungskamera an, die eine nächtliche Wunderheilung im Jungbrunnen der Stadt zeigt. „Wer als Stadtmarketing Menschen erreichen will, muss auch dort sein, wo sie sind“, erklärt Bernd Vollrodt, Geschäftsführer der Kur-, Tourismus- und Wirtschaftsbetriebe Bad Harzburg sowie der Stadtwerke. Hinter dem Video stecke allerdings eine private Initiative, das Stadtmarketing habe die Idee aber unterstützt. Soziale Medien sind überall im Alltag vertreten, dort nicht aktiv zu sein könnten sich Städte kaum noch erlauben. Auch die Sonnenhotels sind, wie zahlreiche kleinere Beherbergungsbetriebe rund um Bad Harzburg, auf Plattformen wie Facebook und Instagram aktiv.

In der sanierten Villa im Stadtkern von Bad Harzburg hat im Dezember 2018 das Sonnenresort Ettershaus eröffnet. Dazu gehören auch ein Appartementhaus, Baumhaus-
Suiten, zwei Restaurants und ein Schwimmbad. Foto: Sonnenhotels

Auf einen Blick: Der Harz-Tourismus
Im Jahresdurchschnitt bleiben Gäste 3,2 Nächte im Harz, was etwas weniger ist als noch vor zehn Jahren. 2009 lag die Verweildauer im Harz noch bei 3,4 Nächten. Was an den statistischen Daten auffälliger ist: Obwohl die Zahl der beherbergenden Betriebe sinkt – 2010 gab es mit 379 Beherbergungsbetrieben im Landkreis Goslar etwa 20 mehr als im Januar 2019 – steigt die Zahl der Gästeankünfte stetig an. Im Jahr 2018 gab es 151.119 mehr Ankünfte als noch im Jahr 2009. 811.258 Gäste besuchten im vergangenen Jahr den Landkreis.

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