Mit 20 Jahren selbstständig machen: Was für viele Menschen undenkbar ist, ist für Gordon Kröhl die Realität. Der 25-Jährige hat vor viereinhalb Jahren gemeinsam mit seinem Geschäftspartner und langjährigem Freund Jan Liebing, 24 Jahre jung, die L&K Beratungs GmbH gegründet.
Die Beratungsfirma bietet ihren Kund:innen der Handwerks- und Baubranche Unterstützung beim Recruiting von Fachkräften. „Gerade das Handwerk und die Bauwirtschaft sind für junge Menschen unattraktiv geworden, nicht zuletzt wegen den Arbeitsbedingungen und der Bezahlung. Die Folge ist ein akuter Fachkräftemangel. Wir wollen dafür sorgen, dass die Unternehmen sich besser verkaufen und den Fachkräften bessere Perspektiven geboten werden – dadurch soll die Branche wieder attraktiver werden“, erklärt Kröhl die Expertise seines Unternehmens.
Von Schulfreunden zu Geschäftspartnern
Kröhl und Liebing kennen sich bereits seit der fünften Klasse des Julianum Gymnasiums in Helmstedt und sind seit jeher befreundet. Kröhl fing nach Schulabschluss zunächst mit einem Dualstudium im Online-Marketing-Bereich im Fitnessstudio an, sein Kollege Liebing begann dual als Elektrotechniker bei VW. „Wir haben noch während unserer Ausbildungen den Entschluss gefasst, uns gemeinsam beruflich selbstständig zu machen, aber wir hatten noch keinen konkreten Plan dafür.“ Die beiden Geschäftspartner nehmen daraufhin an einem Coaching für Start-ups teil, bei dem die Idee entsteht, eine Online-Mitarbeitersuche für Firmen anzubieten.
Ihre Ausbildungen brechen sie ab. Das habe eine gehörige Portion Mut gekostet, erzählt Kröhl rückblickend. Aber: „Ich sehe keinen Unterschied darin, ob man nach dem Abi ein Jahr nach Australien reist oder ein eigenes Unternehmen gründet. Beides kostet Geld. Trotzdem wird das eine als total legitim angesehen und das andere als waghalsig.“ Auch in der Selbstständigkeit könne man laut Kröhl klein anfangen. „Man muss nicht direkt einen Kredit aufnehmen. Wir haben uns unser Startkapital über unsere Jobs und Ausbildungsgehälter angespart. Gestartet haben wir nur zu zweit, bis irgendwann die erste Teilzeit-Kraft dazu kam.“
Mit dem Handwerk und der Baubranche hatten die beiden Gründer bis dato keine Berührungspunkte. Die Spezialisierung auf die Branche geschah durch das Ausschlussprinzip. „Wir haben viele Branchen ausprobiert, haben beispielsweise mit einem Steuerberater gearbeitet, einem Anwalt oder mit Pflegekräften. Aber wir haben festgestellt, dass der etwas lockere Umgang und Austausch im Bau und Handwerk gut zu uns passen.“
Fehlendes Vertrauen, fehlende Fachkräfte
Mittlerweile besteht die Firma, mit Sitz in Braunschweig, aus knapp 20 Mitarbeiter:innen, der Altersdurchschnitt liegt bei 27 Jahren. Ob ein junges Team zur Arbeitsphilosophie gehört? Kröhl verneint: „In Zukunft wollen wir auch auf mehr Erfahrung bauen. Das bedeutet auch eine neue Herausforderung für uns, denn die Führung von Mitarbeiter:innen, die älter sind als wir, ist nicht unbedingt einfach – und für beide Seiten manchmal ungewohnt.“ Auch bei den Kund:innen stößt das junge Team hin und wieder auf anfängliche Unsicherheit. „Unser Kerngeschäft ist sehr wissenslastig – gerade beim Online-Marketing geht viel um Psychologie und Kommunikation. Eine Barriere ist oft das fehlende Vertrauen. Viele Kund:innen beäugen uns erst einmal skeptisch, nach dem Motto: Die jungen Leute haben keine Ahnung, was sie tun.“ Daher nutzt Kröhl Social Media, um die potenziellen Kund:innen von seiner Expertise zu überzeugen und erste Einblicke in ihre Arbeit und ihr Vorgehen zu gewähren – insbesondere auf LinkedIn und YouTube erscheinen regelmäßig Inhalte, die den Ansatz des Unternehmens widerspiegeln und erstes Grundlagenwissen vermitteln. Dies scheint zu funktionieren: bei den Unternehmen, die in ihre Dienstleistungen investieren, sei das Vertrauen von Anfang an da. Zu ihnen zählen zum Beispiel auch die BKT Braunschweig, für die die L&K Beratungs GmbH bereits sechs neue Fachkräfte gewinnen konnte.
Die Kund:innen kommen heute einerseits über die Selbstvermarktung, andererseits über Empfehlungen des bestehenden Kundenstamms. „Wir wollen hauptsächlich Unternehmen und Konzerne betreuen, die groß denken. Es geht darum, Partner zu finden, die wir langfristig im Recruiting unterstützen können.“ Die Anliegen, mit denen die Beratungsfirma aufgesucht werden, sind in der Regel die gleichen. „Andere Branchen, wie beispielsweise der Automobil- oder Software-Sektor, stehen vor der Herausforderung, die richtigen Fachkräfte für ihre Positionen auswählen zu müssen. Im Handwerk und der Baubranche ist das Finden von Fachkräften ein Riesenproblem. Es gibt schlichtweg zu wenig Bewerber:innen.“
Norddeutsche Skepsis
Obwohl die Firma mit ihren viereinhalb Jahren noch relativ jung erscheint, blickt Kröhl bereits auf viel Erfahrung zurück. „Wir haben uns intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt. Wenn man Fachkräfte immer für dieselbe Branche sucht, braucht man Nischenwissen.“ Ihr Erfolg habe bereits die ersten Ideen zur Expansion von L&K Beratung ins Rollen gebracht, insbesondere einen weiteren Standort in Süddeutschland kann Kröhl sich vorstellen, da dort der Großteil ihrer Kund:innen sitzt. „Der Norden ist unserer Erfahrung nach oftmals eher konservativ und skeptisch gegenüber jungen Unternehmen, das ist für uns manchmal kraftraubend. Gerade im Mittelstand sollte man doch mehr zusammenrücken, mehr netzwerken.“ Für die Region wünscht sich Kröhl daher ein Stück weit mehr Vertrauen und Offenheit gegenüber jungen Menschen und ihren Ideen.