6. Mai 2022
Entscheider

Der Schreibtisch von Meik Lindberg

Der Gründer und Geschäftsführer von The Hearts Hotel GmbH

Meik Lindberg ist Gründer und Geschäftsführer von The Hearts Hotel GmbH. Foto: Gesa Lormis

Über das Pflaster vor dem alten Gästehaus in Braunlage rumpelt ein Rollkoffer. „Das ist mein Lieblingsgeräusch, dieses Klackern der Koffer – wollte ich auch mal als Klingelton haben“, erzählt Meik Lindberg vergnügt und lächelt. Mitten zwischen dem Haupthaus und den angrenzenden Gästehäusern des Hearts Hotels treffen wir den Unternehmer auf einer kleinen Wiese. Dort steht gut behütet unter stattlichen Bäumen, eine lange Tafel mit bequemen Korbstühlen drumherum. Bei gutem Wetter, und wenn der idyllische Platz nicht gerade im Rahmen eines Workshops belegt ist, verlegt er gerne seine Arbeit hierher.

„Dann mach’s doch besser, Meik!“

Eigentlich kommt Lindberg ursprünglich aus der IT-Branche. Mit der Deutschen Online Medien AG baut er in den frühen 2000er-Jahren einen der ersten Dienstleister auf, die von digitalen Fotos einen Papierabzug machten. Später folgte die individuelle Verschönerung von allem, was bedruckt werden kann. „Ich komme aus der Generation, in der das Internet anfing zu leben. Am Anfang musste ich jedem Menschen gefühlt zehnmal erklären, was ich eigentlich beruflich mache. Dann kam die Dotcom-Blase – in der dir jeder für irgendeine absurde digitale Idee Geld gab – und ihr Crash. Peng, totaler Stillstand“, erinnert er sich an seine ersten Jahre als Unternehmer.

Als Geschäftsführer, Gründer und Gesellschafter im Bereich E-Commerce ist er damals viel in der Welt unterwegs – sein Arbeitsplatz reist mit ihm. „So bin ich viel rumgekommen. Und in jedem Hotel habe ich etwas gefunden, was man hätte besser machen können. Bis schließlich Christoph Hofmann, Gründer der Hotelkette 25hours und einer meiner langjährigen Wegbegleiter, mit dem ich regen Austausch pflege, zu mir sagte: Dann mach‘s doch besser, Meik! Und das habe ich.“ Die richtige Region dafür findet er bei einem Skiausflug: Der Harz erfindet sich gerade neu. Durch Gespräche mit anderen Unternehmern und Lokalpolitikern wird er auf das Barmer-Schulungszentrum in Braunlage aufmerksam. Ein Objekt, über das er selbstironisch sagt: „Im Prinzip habe ich mich nachts bei eBay verklickt, sonst hätte ich dieses große Hotel niemals gekauft.“

Für Stadtausbrecher und Digitale Nomaden

„Von unserem ersten, ursprünglichen Businessplan ist nur noch die Zielgruppe geblieben: Stadtausbrecher und Digitale Nomaden, die einfach arbeiten, wo sie gerade sind, und das schöne Umfeld genießen“, sagt Lindberg und winkt einer Auszubildenden zu, die sich gerade in den Feierabend verabschiedet. Einige Gäste machen es sich nach einer Wanderung auf Liegestühlen vor den Häusern in der Abendsonne gemütlich. Lindbergs Hund Molton streift zwischen ihnen umher.

Es sind Momente und Erlebnisse wie diese, die zum Erfolgsrezept des Hotels gehören. 2018 beginnt der Betriebswirt gemeinsam mit seiner Frau Tatjana Westphal und Geschäftspartner Ralph Hesse das Hotel mit viel Liebe zum Detail umzubauen und einzurichten. Noch vor wenigen Jahren befand sich in den Räumlichkeiten ein Schulungszentrum der Barmer Krankenkasse, welche die alte Villa mit quadratisch-schmucklosen Gästehäusern ergänzte. Keine einfache Aufgabe, Haustechnik und Optik auf den neusten Stand zu bringen und aufeinander abzustimmen, aber nach fast vier Jahre Arbeit sehen sich Lindberg und sein Team auf der Zielgraden. Aus dem pragmatischen Gebäude-Ensemble ist ein Boutique-Hotel mit Wellnessbereich und direktem Zugang zum Nationalpark Harz geworden.

Der Stein rollt

Seit Juli 2021 ist das Hotel offiziell eröffnet, die Auslastung lag im ersten Jahr 2021 durchschnittlich bei 93 Prozent. Der Großteil der Gäste buche direkt bei ihnen, erzählt Lindberg. Nur wenige werden über Booking-Plattformen auf das Hearts Hotel aufmerksam. Das laufe besser als bei vielen traditionell organisierten Hotels, die den Sprung in die Digitalisierung bisher verpasst hätten, bemerkt Lindberg. Dass er auch den persönlichen Kontakt zu seinen Gästen sucht, ist Ehrensache. „An manchen Tagen sitze ich einfach in unserer Lobby an der Bar und rede mit den Gästen, erzähle was wir machen. Das macht super viel Spaß, aber es ist auch anstrengend – anstrengender als alles, was ich bisher gemacht habe.“ Wenn er das vorher gewusst hätte, hätte er es sich vielleicht anders überlegt, sagt er und schmunzelt und zwinkert.

Neben den Suiten, Tagungsräumen und Shops mit Möbeln im Industriedesign sowie exklusiven Andenken sind auch das Restaurant Leo‘s und vereinzelte Highlights entstanden. Wie etwa der Oldtimer-Bulli, der sowohl für Ausflüge durch den Harz gemietet werden kann als auch ein Hotelzimmer beherbergt. Demnächst soll er Gesellschaft von einem ausrangierten Zirkuswagen bekommen, der aktuell saniert wird. „Ich habe den Stein vor ein paar Jahren ins Rollen gebracht. Meine Frau Tatjana hat schließlich für das einmalige Design und unsere Hotelmanagerin Viktoria für Professionalität gesorgt“, sagt Lindberg zufrieden.

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