Der Treffpunkt zum Interview ist standesgemäß: Das Hotel Adlon Kempinski, eines der luxuriösesten und bekanntesten Hotels in Deutschland. Berlin Mitte, Boulevard Unter den Linden 77, unweit des Brandenburger Tors am Pariser Platz. Ein geschichtsträchtiger Ort. Auch Alexander Brochier, den wir hier zum Titel-Interview treffen, hat eine lange Familiengeschichte, die bis ins Jahr 1873 zurückreicht. Sein Vorfahre Paul Brochier legte damals in Nürnberg mit seinem Sanitärinstallationsgeschäft den Grundstein für das erfolgreiche Familienunternehmen, das sich nach dem Ersten Weltkrieg zum Spezialisten für Rohrleitungsbau und Gebäudetechnik entwickelte.
Alexander Brochier wollte eigentlich Schauspieler oder Entwicklungshelfer werden, trat dann aber doch in die Fußstapfen seiner Vorfahren und führte seitdem die Brochier Holding GmbH + Co. KG. Doch Unternehmertum und Wohlstand füllten ihn nicht aus, so dass er im Jahr 1992 seine gleichnamige Stiftung mit einem Vermögen von fünf Millionen D-Mark gründete. Der Anstoß: Ein Manager-Seminar Anfang der Achtziger Jahre im Fichtelgebirge, auf dem er seine eigene Grabrede schreiben sollte. Dort wurde er mit der Frage konfrontiert, wie er nach seinem Tod in Erinnerung bleiben möchte. Seine Antwort: „Ich will nicht nur als Geschäftsmann und Familienvater im Gedächtnis bleiben, sondern auch als ein Mensch, der sich um andere kümmert. Denn Engagement fängt immer bei einem selbst an…“. Der 66-jährige Unternehmer wurde zum Wohltäter, der mit seiner Stiftung nicht nur bedürftige Kinder und Jugendliche unterstützt, sondern sich auch für Stifter engagiert. Für seine vielfältigen Verdienste im Stiftungswesen wurde Alexander Brochier 2006 vom Bundesverband Deutscher Stiftungen mit dem Deutschen Stifterpreis ausgezeichnet.
Herr Brochier, warum engagieren Sie sich?
Ich glaube, das liegt an meiner Mutter. Sie muss mich mit irgendwelchen Helfer-Genen versorgt haben. Ich habe schon als Schüler begonnen, Patenschaften zu übernehmen.
Wie sind Sie aufgewachsen?
Sehr behütet, ich war eins von drei Kindern. Unsere Mutter war rund um die Uhr für uns da und hat uns unheimlich viel Liebe gegeben.
Kinder aus Unternehmensfamilien sind häufig sehr viel Leistungsdruck ausgesetzt. War das bei Ihnen nicht der Fall?
Überhaupt nicht. Mein Vater war der Bodenständigere von zwei Brüdern, der aus seinen Kriegserlebnissen den Schluss gezogen hat, dass es auch ganz anders kommen kann. Sein Credo war „Bleibt immer schön auf dem Boden.“ Das hat er uns vermittelt und vielleicht ist die Einstellung bei mir auf guten (genetischen) Boden gefallen und dann weitergewachsen.
Sie wollten früher Schauspieler oder Entwicklungshelfer werden…
Ja (lacht). Meine Mutter wollte mich damals zum Zirkus bringen, weil ich immer der Kasper in der Familie war. Später war ich politisch extrem „links außen“. Wir haben in Heidelberg die Uni zugemauert, den öffentlichen Verkehr angehalten und viel solchen Mist verzapft. Jeder hatte irgendeinen Guru, ob das jetzt Mao, Marx oder Trotzki war. Dieses Politische vermisse ich heute bei den Studenten. Sie sind viel zu brav.
Haben Sie das Rebellische bewahrt?
Ich hoffe! Aktionen wie „Der Chef darf nicht mehr verdienen, als das Zwölffache des Billigsten“ finde ich toll. Diese Regelung ist in der Schweiz leider durchgefallen. In unserem Unternehmen haben wir von der niedrigsten bis zur höchsten Entlohnung ein Verhältnis von eins zu acht. Mir kann kein Mensch erklären, dass jemand fünf, sechs oder sogar zehn Millionen wert ist, ganz egal was für eine Verantwortung er trägt. Oder nehmen Sie die Branchenunterschiede. Warum verdient eine Erzieherin weniger als ein Banker?
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