Auf unsere Anfrage bei der Wirtschafts- und Tourismusfördergesellschaft Landkreis Peine mbH, der Wito, meldet sich Inga Heine. Statt sich in ihrem Büro zu treffen, schlägt sie einen Hofladen mit Café bei Vechelde, an der Grenze zu Braunschweig, vor. So sitzen wir ihr einige Tage später bei einem Kaffee gegenüber …
Frau Heine, mit Ihrem Chef, dem Wito-Geschäftsführer Matthias Adamski, haben wir vor zwei Jahren über die Corona-Pandemie und die Peiner Gründerszene gesprochen. Was ist Ihre Aufgabe?
Eine der Aufgaben der Wito steckt bereits im Namen: Die Tourismusförderung für den Landkreis Peine. Dazu gehört ein großer Anteil Freizeitgestaltung – denn so ehrlich müssen wir sein, das Peiner Land ist keine klassische Tourismus-Destination. Seit 2008 bin ich Teil des Teams, bei dem alle Freizeit- und Tourismus-Themen auflaufen.
Wer gehört zu Ihrem Team?
Meine Kolleginnen Gonhild Kunst und Birgit Anskat. Letztere ist seit 18 Jahren dabei – die Wito wurde 2003 gegründet!
Wenn Sie schon sagen, Peine ist kein klassisches Tourismusgebiet …
Ja, viele die hierherkommen, besuchen entweder Freunde und Bekannte oder es sind Monteure. Vor der Pandemie auch Messegäste, die den kurzen Weg nach Hannover schätzen. Das läuft gerade erst wieder an. Genauso Event-Besucher und Radfahrer von außerhalb sowie Pilger.
Gibt es den typischen Peine-Besucher?
Ich kann hier nur von den Besuchern des Peiner Landes sprechen und diese sind vielfältig und reichen von Event- und Kulturinteressierten bis zu den aktiven Landliebhabern.
Gibt es denn Übernachtungszahlen?
Für 2022 wurden statistisch 84.419 Gästeübernachtungen im Landkreis Peine erfasst, im Schnitt bleiben die Gäste etwas weniger als zwei Tage. Das ist deutlich weniger als in unserem Rekordjahr 2019 mit 108.317 Übernachtungen, aber nach 2020 und 2021 schon eine Verbesserung. Aber das sind nicht die realen Zahlen …
Warum nicht?
Wir haben im Peiner Land viele private Vermieter, die Ferienwohnungen oder Zimmer anbieten. Sie sind dem Statistischen Landesamt, von dem wir die Übernachtungszahlen erhalten, nicht meldepflichtig. Das fängt erst bei zehn Betten, beziehungsweise im Campingbereich bei zehn Stellplätzen an. Auf unserer Webseite und in unserer NachtFalter-Broschüre vermarkten wir neben Hotels und Pensionen auch eben solche privaten Anbieter und wissen daher allein von 32 Anbietern mit fast 150 Betten, die statistisch nicht erfasst sind.
Ähnliches haben wir bereits in Gifhorn gehört…
Und dazu kommen nochmal diejenigen, die sich selbst vermarkten. Aber das passt zum Peiner Land! Hier ist vieles etwas kleiner, dafür näher und authentischer.
Wie meinen Sie das?
Wenn wir auf die Freizeitmöglichkeiten schauen: Es gibt zum Beispiel Discgolf auf dem Hüttengelände, am Lengeder Berg und im Peiner Heywoodpark, ausgeschilderte Fahrrad-Rundkurse mit verschiedenen Schwerpunkten, viele kleine, inhabergeführte Cafés und Lädchen – auch auf den Dörfern – den Wald-Erlebnis-Pfad bei Meerdorf oder digitale Schnitzeljagden. Als Wito bewirtschaften wir den Eixer See. Es gibt so viel zu entdecken und zu erleben – und nichts davon ist künstlich.
Haben Sie deshalb vorgeschlagen, dass wir uns in einem Hofcafé treffen?
Ja, das ist etwas, das Peiner Land so charmant macht. Es gibt mehrere regionale Beeren- und Gemüsebauern, die ihre Produkte frisch auf Märkten oder in eigenen Läden vermarkten. Auch Obst, Kartoffeln, Kürbisse, Eier – alles aus der Region, nachhaltig und klimagerecht.
Hatte die Corona-Pandemie denn Einfluss auf die Angebote?
Ja, auf jeden Fall. Einmal haben die Menschen aus dem Landkreis die Umgebung vor ihrer Haustür wieder für sich entdeckt; besonders die Natur. Und als kontaktlose Freizeitgestaltung haben Radtouren nochmal an Attraktivität gewonnen, wobei es schon vorher einen Trend zum Fahrrad fahren gab.
Wir haben den Radler-Pass, für den Stationen im Landkreis angefahren werden müssen: Früher gab es Stempelstellen, jetzt nutzen wir einen Code, der notiert wird. Unabhängig von der Pandemie entstehen auf den Dörfern immer mehr kleine Anbieter und Manufakturen.
Gibt es dafür Beispiele?
Zu unserem Angebot gehört es schon lange, dass wir Gruppenführungen durch das Wasserwerk und die Braumanufaktur Härke organisieren. Seit einiger Zeit ergänzen private Enthusiasten, wie eine liebevoll restaurierte Senfmühle und eine Kaffeerösterei, das Angebot. Dazu kommen Manufakturen, die Workshops anbieten: Vom Töpfern über Gartenkunst bis hin zur Tortendekoration. Da es für viele Hobby oder Nebenerwerb ist, sind die Öffnungszeiten kurz – das ist für uns eine Herausforderung.
Ihr Team organisiert so etwas wie Kaffeefahrten?
Wenn uns jemand fragt, unterstützen wir gerne die Planung, Organisation und Buchung. Wir wissen, was wo möglich ist und haben auch immer mal wieder Gruppenpauschalen im Angebot, also kombinierte Angebote mit Mittagessen, wie auch zum Thema Garten oder die „Zeitreise durch Peine“. Auch für Kindergeburtstage oder Firmenfeiern haben wir Tipps: Bei Kindern, vor allem Mädchen, sind die Angebote der Mermaid Kat World beliebt.
Diese Meerjungfrauen-Schwimmkurse?
Ja, Inhaberin ist Katrin Gray, ein Unterwassermodel und Meerjungfrau-Darstellerin. Sie und ihr Team geben Schwimm- und Tauchkurse. Sie hat ihren Sitz auf einem wunderschönen Hof bei Hohenhameln, der zu einer Meerjungfrauen-Welt mit Schwimmbecken und -teich sowie einem Shop umgebaut ist. Dort gibt es Mottopartys für Kindergeburtstage, Aquafitnesskurse und Unterwasser-Model-Workshops. Dazu engagiert sie sich sehr für Nachhaltigkeit und Meeresschutz. Da sie bundesweit und international arbeitet, ist es spannend, solch ein Angebot vor der Haustür zu haben.
Mit dem Deutschlandticket steht der ÖPNV einer großen Gruppe günstig zur Verfügung. Nutzen Ihre Tagesgäste und Urlauber überhaupt öffentliche Verkehrsmittel?
Für die Anreise nach Peine und innerhalb der Stadt wird der ÖPNV gut genutzt. Aber rundherum ist es schwierig, da muss ich leider eher mit Nein antworten, dafür sind die Verbindungen zwischen den Dörfern nicht gut genug ausgebaut.
Ein anderer Aspekt der Mobilität sind Elektrofahrzeuge. Wie beurteilen Sie den Ausbau der Ladeinfrastruktur im Landkreis Peine?
Wir haben bei uns vor dem Starterhof Ladesäulen und soweit ich weiß, gibt es an vielen Rathäusern und größeren Geschäften Ladepunkte. Dazu kommt demnächst der Ladepark in Peine an der A2 … Wir sind wohl auf einem guten Weg.
Wie sind Sie am liebsten unterwegs?
Gerne mit dem Rad. Für weitere Strecken ist es dann aber doch oft das Auto. Auch aus Zeitgründen.
Wenn ich es richtig gesehen habe, gibt es in Peine keine klassische Tourist-Information. Ist die Wito ein Ersatz dafür?
Es gibt in der Innenstadt die Geschäftsstelle von Peine Marketing, die zumindest teilweise die Aufgabe übernimmt. Dort können zum Beispiel Stadtführungen, sogar mit dem Segway, gebucht und typische Souvenirs gekauft werden. Das Team von Peine Marketing ist es auch, das große Events wie den Stadtgeburtstag, das Freischießen – die Peiner Variante eines Volksfestes – oder das schottische Musik- und Kulturfest Highland Gathering umsetzt.
Arbeiten sie eng zusammen?
Ja, wir stimmen uns eng ab. Wir sind zuständig für den kompletten Landkreis und Peine Marketing für die Stadt selbst. Dinge wie Events, Stadtführungen und der Veranstaltungskalender liegen in der Hand von Peine Marketing. In diesen können sich alle Anbieter und Kommunen aus dem Landkreis eintragen. Außerdem hat sich Peine Marketing zum Ziel gesetzt, Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung, zur Förderung des Images und zur positiven Identifikation der Bürger:innen mit ihrer Stadt sowie zur einheitlichen Außendarstellung Peines zu ergreifen.
Sie haben schon die dezentrale Lage der Wito erwähnt. Auch die Telefonzeiten des Tourismus-Teams sind nur bis 14 Uhr. Wie erreichen die Menschen Sie?
Unserer Erfahrung nach entweder schriftlich – viele Anfragen kommen über Kontaktformulare der Webseiten sowie per Mail bei uns an – oder tatsächlich per Telefon. Nach Absprache vereinbaren wir auch Termine in den Randzeiten, zum Beispiel früh morgens vor der Arbeit oder auch mal nachmittags. Es gibt auch immer die Möglichkeit auf den Anrufbeantworter zu sprechen und wir rufen zurück.
Es ist bisher immer wieder angeklungen, dass das Peiner Land kleiner ist …
Wir haben große und starke Nachbarn. Diese sehen wir positiv, denn die überregionale Vermarktung spricht so einen größeren Interessenkreis an und bringt uns mehr Gäste. Unsere Stärken unterscheiden sich. Und es gibt so viel zu erleben: Ob Alpakawandern, Radfahren oder Schwimmen. Es gibt Kultur, regionale Produkte, Museen, … Das haben wir alles auf tourismus-peine.de zusammengefasst.
Wie vermarktet man diese Vielzahl überregional? Gibt es Portale oder Kooperationen, mit denen Sie arbeiten?
Wir haben verschiedene Netzwerke, zum Beispiel sind wir Teil der Tourismusregion Braunschweiger Land – das ist ein großer Part. Die Pflege von Open Data und destination.one gehören ebenfalls zu unseren Aufgaben. Das sind Daten, aus denen zum Beispiel Infos für Navigationsgeräte, Webseiten und Apps gezogen werden. Es ist also sehr wichtig, dass die aktuell und richtig sind, auch was Gastronomie und Hotels angeht. Dazu kommt das Radrouten-Portal Outdooractive. Als Teil des Geoparks Harz – Braunschweiger Land – Ostfalen sind wir auch sichtbar.
Wenn Sie jemanden kennenlernen, der oder die noch nie in Peine war: Welche Sehenswürdigkeiten empfehlen Sie?
Ich empfehle gerne den historischen Marktplatz mit der wunderschönen Altstadt und Events wie das Highland Gathering, die Schatzsuche im Kreismuseum für Familien, eine Radtour zum Wald-Erlebnis-Pfad, das Thema Industriegeschichte mit Disc Golfen und die Dauerausstellung zum „Wunder von Lengede“.