26. Juli 2017
Aus der Region

Kartellvorwürfe überschatten Geschäftszahlen der Autobauer

Schon lange dürften sich VW-Manager wünschen, einfach wieder Autos zu verkaufen. Auch Daimler steckt im Diesel-Sumpf. Angesichts jüngster Kartellvorwürfe rücken gute Geschäfte in den Hintergrund

Beschädigtes Ansehen: Die Kartellvorwürfe überschatten die trotz der Dieselkrise guten Geschäfte der Auto-Branche. Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Der Vorwurf mutmaßlicher Kartellabsprachen der deutschen Autobauer überschattet die trotz der Dieselkrise besseren Geschäfte der Branche. Europas größter Hersteller Volkswagen ruft für heute Nachmittag außerplanmäßig seine Aufsichtsräte zusammen. Dem Vernehmen nach soll es dabei um die Kartellvorwürfe gehen, über die der «Spiegel» berichtet hatte. Daimler – im zurückliegenden Quartal weiter kräftig gewachsen – legt gute Halbjahreszahlen vor. Der Umsatz stieg im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7 Prozent auf rund 41,2 Milliarden Euro. Unterm Strich verdiente Daimler rund 2,51 Milliarden Euro – nach 2,45 Milliarden im zweiten Quartal 2016.

Doch diese Zahlen dürften in den Hintergrund treten – zu schwer wiegt der Vorwurf verbotener Absprachen. Daimler bezeichnet den Vorwurf als «Spekulation» und schweigt ansonsten. «Wir sind gut beraten, uns nicht an Spekulationen zu beteiligen», sagte Vorstandschef Dieter Zetsche. Für die bestehenden Kooperationen mit anderen Herstellern bedeuteten die Berichte aus seiner Sicht zunächst nichts. Die Gespräche seien im existierenden Rechtsrahmen erfolgt.

Der «Spiegel» hatte über ein womöglich seit vielen Jahren bestehendes Kartell berichtet, in dem sich VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler über Technik, Kosten und Zulieferer verständigt haben sollen. Zu dem Vorwurf schweigen die Konzerne bisher. Eine Art Selbstanzeige von VW und Daimler soll, wie das Nachrichtenmagazin schrieb, den Wettbewerbsbehörden vorliegen. Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Martin Burkert, betonte, die Aufsichtsräte der betroffenen Autohersteller seien in der Pflicht, gegebenenfalls Sondersitzungen zur Klärung einzuberufen.

Tatsächlich hat Volkswagen-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch kurzfristig zu einer außerordentlichen Sitzung des Kontrollgremiums am Mittwochnachmittag geladen. Dafür hatten sich zuvor mehrere Seiten ausgesprochen: «Der Vorstand ist in der Pflicht, das Aufsichtsgremium umfassend zu informieren. Das ist bislang nicht geschehen», sagte ein Sprecher des VW-Betriebsrats.

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sowie Wirtschaftsminister Olaf Lies (beide SPD) hatten Aufklärung verlangt. Geklärt werden muss nach Ansicht von Lies, wann es welche Diskussion im Vorstand gab und ob der Vorstand seiner Pflicht gerecht geworden ist, die Gremien zu informieren. Die Politiker und VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh sitzen im Aufsichtsrat des Konzerns.

Nach Berechnung des NordLB-Analysten Frank Schwope könnte der finanzielle Schaden für die Konzerne in die Milliarden gehen, sollte sich der Kartell-Vorwurf bestätigen. Er verwies in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» auf mögliche Strafzahlungen, Schadenersatzforderungen und einen noch nicht abzuschätzenden Imageschaden, der Auswirkungen auf die Verkäufe haben könne.

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