26. Juni 2017
Handel & Dienstleistung

„Eine komplexe Persönlichkeit“

Der Jägermeister-Gründer Curt Mast als Unternehmer und Kommunalpolitiker

Der Jägermeister-Gründer Curt Mast. Foto: Jägermeister

Bis heute besitzt das Produkt und die Marke Jägermeister eine enorme Anziehungs- und Strahlkraft. Das Rezept für den Kräuterlikör gibt es seit 1934, 1935 wurde das Produkt auf dem deutschen Markt eingeführt. Seit Anfang der 1970er Jahre wird Jägermeister exportiert – heute wird er in mittlerweile 129 Länder vertrieben.

Jägermeister ist mit Abstand die wertvollste Spirituosenmarke Deutschlands und eine der größten Premiumspirituosen der Welt. Fähigkeiten wie Glaubwürdigkeit, Mut, Geschick, Einfühlungs- und Durchhaltevermögen waren nötig, um die grüne Flasche mit dem Hubertushirsch-Logo auf dem Markt durchzusetzen – und all diese besaß Curt Mast (1897-1970). Der Weingroßhändler und Essighersteller aus Wolfenbüttel, Entwickler des dunklen Gemischs aus 56 Kräutern, avancierte zu einem der erfolgreichsten Unternehmern der Wirtschaftswunder-Zeit. Das Buch „Curt Mast – Ein Unternehmer in der Politik“ (Wallstein Verlag, 24,90 Euro) erzählt nun auf 454 Seiten die faszinierende Geschichte des Firmenchefs und die weniger bekannte Geschichte des Politikers, der seine politische Laufbahn in der Weimarer Republik als Stadtverordneter der Stresemann-Partei (DVP) begann und als Fraktionsvorsitzender der CDU im Kreistag von Wolfenbüttel beendete.

Ein halbes Jahrhundert politische Aktivität, die überstrahlt wird vom Glanz der Marke. Doch der Erfolgsweg war lang und steinig: „Curt Mast hat in seinem Leben und seiner Karriere nicht nur Aufstiegs-, sondern auch viele Krisensituationen erlebt und gemeistert. Er war ein Stehaufmännchen, der einen starken Beharrungswillen gezeigt und Geistesgegenwart bewiesen hat“, behauptet Autor Thomas Klingebiel und fügt hinzu: „Als Jägermeister entwickelt wurde, befand sich die Firma Mast auf dem Tiefpunkt. 1934 hatte sie 100.000 Reichsmark an Verbindlichkeiten bei einem Umsatz der bei nur noch 300.000 Reichsmark lag. Die Auseinandersetzung mit seinem Bruder Wilhelm Mast II, der 1936 selbstverschuldet aus dem Unternehmen ausschied, kam noch erschwerend hinzu. Curt Mast war eine durchaus vielschichtige und komplexe Persönlichkeit“. Seine Erfolgsgeschichte und die des berühmten Kräuterschnaps beweist aber auch: Gewinnermarken wachsen nicht durch Anpassung oder Kreativität. Sie entstehen durch Konsequenz und auch gegen Widerstände. Nur dann schaffen sie Vertrauen und geben Sicherheit – die Ur-Funktion einer jeden Marke.

„Das Buch ist keine klassische Biografie, sondern ein faktenreiches, wissenschaftlich fundiertes Werk, in dem viele Fragen beantwortet werden“, betont Michael Eichel, Direktor Unternehmenskommunikation der Mast-Jägermeister SE. Unter anderem auch Fragen zu Verbindungen und Verstrickungen in die NS-Dikatur. Das Buch präsentiert Curt Mast als Ausnahme-Unternehmer, der sein eigenes Verhalten unter der Hitler-Diktatur schon bald nach dem Sturz des Regimes zu reflektieren begann – und sich für die Rückerstattung jüdischen Eigentums und die Wiedergutmachung insgesamt einsetzte. Zudem leistete er einen wichtigen Beitrag zum Aufbau einer neuen demokratischen Ordnung im weithin zerstörten Nachkriegsdeutschland. Ein ereignisreiches Menschenleben und ein wichtiges Stück regionale Wirtschaftsgeschichte, die seit über 80 Jahren die Spirituosenwelt bewegt.

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