4. September 2017
Handel & Dienstleistung

„Intelligent, kompetent und eher konservativ“

Aline Wandt, Geschäftsführerin Wandt Spedition Transportberatung GmbH und Adalbert Wandt, IHK- Vizepräsident, Präsident des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen e. V., im Interview

Adalbert Wandt. Foto: Marcus Vetter


Herr Wandt, wie fing es mit den Wirtschaftsjunioren Braunschweig an?


Adalbert Wandt: Gerd Bötel hat damals von einer Initiative berichtet. Sofort fand diese Idee Unterstützung und 18 Familiennachfolger und junge leitende Angestellte fanden sich im Juniorenkreis der IHK zusammen. Untereinander kannte man sich kaum. Aline Wandt: Ich glaube, dass mein Onkel und all die anderen der „1.Stunde!“ total motiviert waren, halt „Macher“, auch „Partymacher“… wie mir die Fotos beweisen.


Was waren damals die wichtigsten Ziele?


Adalbert Wandt: Völlig frei und unabhängig wollten wir baldmöglichst in die Ausschussarbeit der Kammer eingebunden werden und wie auch gewünscht, Verantwortung übernehmen. Es standen damals erstaunliche Generationswechsel an.


Waren die Wirtschaftsjunioren Braunschweig früher „junge Wilde“ und wie hat sich das Selbstbild gewandelt?


Adalbert Wandt: Nein keine Wilden! Intelligent, kompetent und eher konservativ mit viel Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement.


Warum haben Sie Ihren Kindern empfohlen, selbst Wirtschaftsjunior zu werden?


Adalbert Wandt: Viele Freundschaften, Erlebnisse, (Trauer-)Feiern, gemeinsam erlebte Erfolge und Insolvenzen stärkten uns. Diese Erfahrungen gibt man gern weiter und nicht nur an den eigenen Nachwuchs sondern an viele geeignet erscheinende junge Wirtschaftsleute.


Welche Rolle hatten und haben die Wirtschaftsjunioren im Zusammenspiel mit der gesamten IHK Braunschweig?


Adalbert Wandt: Vermutlich war die Bindung viel stärker als heute, obwohl inzwischen nahezu in allen Gremien frühere Junioren Akzente setzen durften und mussten. Hervorgehoben wird die uneingeschränkte Unterstützung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


Es wird viel über den „Braunschweiger Klüngel“ geredet. Welche Rolle spielen dabei die Wirtschaftsjunioren?


Adalbert Wandt: Eigentlich meint „Klüngel“ etwas anders. Es gibt in unserer Region eine ausgeprägte private gegenseitige Unterstützung. Sei es durch den seit mehr als 30 Jahren bestehenden Commerce-Skat-Club oder im Karneval und Sport. Bei Speis und Trank wächst starkes Vertrauen und ermöglicht manch helfende Hand.


Inwieweit fördert es das eigene Geschäft Mitglied bei den Wirtschaftsjunioren Braunschweig zu sein?


Adalbert Wandt: Es ist schon etwas Besonderes im Berufsleben, dort aufgenommen zu werden und von der Erfahrung nur wenig älterer Unternehmerpersönlichkeiten zu profitieren. Die Erwartung besserer Geschäfte ist dort falsch. Deswegen ist der Kreis für junge Existenzgründer nicht immer geeignet. Man sollte über seine Zeit verfügen können und kleinen finanziellen Rückhalt in seinem Unternehmen haben.


Wie elitär ist Ihr Zirkel?


Adalbert Wandt: Er bietet die wunderbare Chance, branchenübergreifende gesellschaftliche Entwicklungen der Region unmittelbar mit zu gestalten und von Politik und Verwaltung gehört zu werden. Wer nicht dauerhaft in Engagement investiert, gehört hier nicht hinein.


Aline Wandt: Hinsichtlich der Bildungselite vielleicht überdurchschnittlich zur Gesamtbevölkerung. Ansonsten heben wir uns nicht von anderen normalen Menschen ab, höchstens in der Motivation.


Aline Wandt. Foto: Privat


Was waren die wichtigsten Meilensteine in vierzig Jahren?


Adalbert Wandt: Genial war die Einführung des Schülerwettbewerbs durch Dr. Klaus Schuberth Ende der 1970er Jahre. Dann die Idee, in jedem Jahr eine Reise in eine europäische Hauptstadt mit Unterstützung der Auslands-Handelskammern zu organisieren. Das trägt die Gemeinschaft und führte zu vielen Freundschaften auch mit den Lebensparnern. Unternehmersorgen sind oft auch Familiensorgen, da spielt das Einkommen oder die Größe der Firma keine Rolle. Vergessen wir nicht die Gründung des Ausbildungsverbundes der Region BS im Jahr 1984 mit Peter Wolf, Wolfgang Niemsch und Dr. Ulrich Kühnast. Genial zu schlechten und guten Zeiten! Nach der Wende sofort auch in Magdeburg.


Aline Wandt: Ich kann natürlich von der Europakonferenz im Jahr 2012 sprechen, bei der ich als Leiterin der Logistik tätig war – es war toll, aber ich mache den Job nicht nochmal (lacht).


Wie sah Braunschweig und die gesamte Region 38 vor 40 Jahren aus und wie haben sich beide seitdem entwickelt?


Adalbert Wandt: Für uns gilt die Einführung weißer Planen in den Braunschweiger Stadtfarben rot/weiß an unseren LKWs mit dem Slogan „Wir kommen aus Braunschweig“ (u.a. zu Forschung, Kultur hat Tradition etc.) als absolutes Highlight. Damals gab es keine ausgewiesenen Gewerbegebiete, Volkswagen hatte auch nichts zu bieten und wir trösteten uns mit einem Prognos-Gutachten, dass nur die Region eines Tages gewinnt, die Flächen zu bieten hat. Diese fand man nur noch im Norden der Republik.


Was zeichnet die Wirtschaftsjunioren als Führungskräfte und Unternehmer aus?


Adalbert Wandt: Vielleicht, dass sie wirklich nach vorn schauen und viele mitnehmen? Sie haben erkannt, dass Erfolge fair erreicht und dauerhaft sein müssen, um als Persönlichkeiten und Chefs zu überleben. Verantwortung für berufliche Bildung und anvertraute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


Aline Wandt: Engagement und Aktivität.


Welche Bedeutung hat die Vernetzung mit anderen Wirtschaftsjunioren in der Region und in Deutschland?


Adalbert Wandt: Gemeinsame Konferenzen verbinden dauerhaft. Die Europakonferenz im Jahr 2012 hat unsere Region mutiger werden lassen und eine tolle Solidarität gezeigt. Das Ansehen von Industrie, Dienstleistung und Handel in der Region 38 strahlt hell und das ist, Gott sei Dank, nicht elitär!


Aline Wandt: Es ist eine einfache und willkommene Kontaktbörse.

 

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