Agenturranking Horizont: Platz 15. Bruttoeinkommen 2011: 13,10 Millionen Euro. Kunden: Altana, Audi, Eintracht Braunschweig, E-Plus, MAN, Siemens, Volkswagen, Volkswagen Bank etc. Festangestellte Mitarbeiter: 110. Das sind die nüchternen Fakten von Gingco.Net, der wichtigsten inhabergeführten Werbeagentur der Region. Wir sprachen mit einem der Geschäftsführenden Gesellschafter, dem 47-jährigen Jörg-Uwe Argo, über Werbung gestern, heute und in Zukunft.
Wie und wo sollte man als regionales Unternehmen heute werben?
Oha. „Das“ regionale Unternehmen gibt es nicht, insofern lässt sich diese Fragepauschal kaum beantworten. Unternehmen sind wie Individuen und so müssen wir uns als Berater und Agentur jedem Kunden nähern. Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit den Grundlagen, schauen in die Unternehmen, deren Kultur und deren Kommunikation. Erst einmal hören wir gerne sehr genau zu, denn erfahrungsgemäß kennen Unternehmer die Stärken, aber auch die Schwächen ihrer Marken und Kommunikation sehr genau. Wir müssen die Produkte oder Dienstleistungen verstehen, die Marktmechaniken und Gesetze kennenlernen, die wirklichen Zielgruppen erkennen und vieles mehr. Und völlig klar, ein Budgetrahmen ist unerlässlich. Eine Art Anamnese, wenn Sie so wollen. Erst dann können wir überhaupt mit unserer eigentlichen Kreativarbeit beginnen. Wir stellen oft eine gewisse Verunsicherung fest, weil sich einfach unglaublich vieles ändert, weil es zu viele Kommunikationskanäle gibt, die parallel nebeneinander existieren, weil die Leitplanken fehlen. Für uns geht es primär immer um „kommunikative Effizienz“ und da steht auch für kleinere Unternehmen ein Köcher mit Instrumentarien bereit.
Inwieweit gehört Social Media dazu? Wie viel ist dabei Hype und wie viel Substanz?
Ich würde das nicht so diametral beurteilen wollen. Social Media ist sicherlich in vielen Marketingabteilungen ein etwas pauschal verwendeter Begriff. Und gelegentlich wird dieser Kanal auch als kostenneutrales oder zumindest kostengünstiges Allheilmittel verstanden, mit dem man zu jedem Zeitpunkt jede Botschaft an jede Zielgruppe absetzen kann. Unstrittig ist, dass Social Media im Gegensatz zu klassischen Massenmedien völlig neue Möglichkeiten der Kommunikation für Unternehmen ermöglicht hat. Genau hier liegt jedoch auch die Herausforderung, denn soziale Medien sind keine „Werbeplattformen zum Abverkauf“. Hier gelten völlig andere kommunikative Gesetze, wer den Dialog nicht möchte, der sollte sich genau überlegen, ob Social Media nicht mehr Risiken als Chancen bietet. Dennoch gerade für kleine Firmen mit geringem Budget haben sich hier natürlich völlig neue Möglichkeiten erschlossen, denn soziale Medien sind vor allem eines demokratisch. Nicht der höchste Werbedruck entscheidet über den Erfolg, sondern die am besten erzählte Geschichte, die lustigste, die emotionalste, oder manchmal auch einfach nur die beknackteste Story. Viele Kunden glauben heute, alles selbst machen zu können. Die Technik und gewisses Know-how sind oft vorhanden.
Wer braucht da noch eine Werbeagentur?
(Lacht) Ja, diesen Typus Unternehmer soll es geben, wir haben davon gehört. Aber wir kennen ihn nicht, denn er braucht ja keine Agentur. Jeder, der in einer ernst zu nehmenden Agentur arbeitet, weiß dass die gesamte Branche ungeheuer professionell, ernsthaft und vielschichtig geworden ist. Erfolgreiche Marken entstehen nicht im Vorbeigehen oder durch die eine, geniale Idee. Heutzutage sprechen wir nahezu immer über gesättigte Märkte, die Herausforderungen von Unternehmen lassen sich ja mit den vielgepriesenen 50er bis 80er Jahren überhaupt nicht mehr vergleichen.
Wie schwer ist es, mit einer Marke den Multimedia-Dschungel zu durchdringen?
Da genügt ja ein Blick in die Vergangenheit: Vor nicht unendlich langer Zeit gab es vier Fernsehsender und vielleicht fünf relevante general interest Magazine. Dazu out of home und vielleicht Hörfunk. Wer in diesem Set eine gewisse Wahrnehmungsgrenze überschritt, der konnte sich sicher sein, als Marke gehört zu werden. Erst im Zeitalter der digitalen Medien hat sich alles extrem diversifiziert. Dieser Prozess ist ja noch lange nicht, vielleicht sogar nie beendet. Ausgehend von der Annahme, dass ein Mensch nur ein bestimmtes, nicht zu vergrößerndes Zeitfenster zur Beschäftigung mit Medien hat, ist die Antwort klar: Marken und Produkte erfolgreich und effektiv zu kommunizieren, ist sehr viel schwerer, aber auch spannender geworden. Nur sollte man sich eben von der Vorstellung veabschieden, es gäbe dieses eine, immer funktionierende Erfolgskonzept das mediale Breitband-Therapeutikum wurde noch nicht gefunden.
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„Unternehmen sind wie Individuen“- Jörg-Uwe Argo, Geschäftsführender Gesellschafter der Braunschweiger Werbeagentur Gingco.Net, im Interview (2/2)