1. April 2013
IT & Medien

Der Einstieg in die digitale Welt (2/2)

Die regionalen Computerpioniere Helmut Streiff und Andreas Sander über 30 Jahre C64

30 Jahre C64. (Foto: Bill Bertram)


Was können Sie als erfolgreiche regionale Unternehmer aus der „Commodore-Story“ lernen?


Sander: Was „ein Mann“ alles verändern kann! Jack Tramiel war ja der Erfinder vom PET 2001, C64 und auch vom Atari ST. Er ist für mich ein persönliches Vorbild in meiner beruflichen Laufbahn. Ich behaupte mal, ohne Commodore gäbe es vielleicht keine Kosatec Computer GmbH.


Streiff: Eins ist klar, wer so erfolgreich ein Unternehmen aus der Taufe hebt, wie es Jack Tramiel gemacht hat, der muss sich auf allen Ebenen rechtzeitig Gedanken zur Weiterentwicklung machen. Das hat er nicht getan und er hat aus meiner Sicht viel zu lange am kaum veränderten Produkt festgehalten. Für ihn war es ein Riesenerfolg, als Amiga aufkam. Dass aber zum Zeitpunkt der Entwicklung von Amiga schon das Nachnachfolgeprodukt entwickelt sein musste, war leider überhaupt nicht der Fall.


Es gibt viele bekannte Persönlichkeiten in der Computerbranche. Warum steht Jack Tramiel nicht in einer Reihe mit Bill Gates und Steve Jobs?


Sander: Für mich steht Jack Tramiel auf einer Ebene mit den genannten Persönlichkeiten.


Streiff: Jack Tramiel war ein Genie, aber nur bei der Entwicklung des C64 und auch des Amiga500. Bill Gates und Steve Jobs haben ihre Produkte ständig weiterentwickelt und Neuerungen auf den Markt gebracht und konnten so ihr Lebenswerk fortführen. Nur wer das hinbekommt, geht in die dauerhafte Geschichte ein.


Welchen Stellenwert hatte Braunschweig in der Commodore-Geschichte?


Sander: Ich sage nur „Oker Valley“. Und dafür steht unser Braunschweig unter anderem immer noch.


Streiff: Braunschweig und Commodore waren damals Auftakt für eine völlig verrückte Zeit. Entstanden war das dadurch, dass es Zonenrandgebiets-Förderung gab, Zuschüsse für Neuansiedlungen und neue Werke gezahlt wurden. Commodore waren die ersten, es folgten LSI, TEC und Toshiba. Daraus entstand das Oker Valley, in Anlehnung an Silicon Valley, und gab dieser Region einen unwahrscheinlichen Schub. Braunschweig war für Commodore ein kurzer Ausflug. Es gab danach Planungen, die Werke auf die Philippinen oder nach Thailand zu verlegen, und das war genau das Problem: Wenn für solche Firmen die Förderung an einem Platz eingestellt wird, dann nehmen sie den nächsten Standort.


Kann sich solch eine Erfolgsgeschichte heute noch einmal wiederholen?


Sander:

Das hat sich doch gerade prinzipiell wieder mit Mark Zuckerberg und Facebook wiederholt.


Streiff: Erfolgsgeschichten können sich jederzeit wiederholen. Ich habe mal über Braunschweig und die Konservenindustrie gesprochen, das war damals auch eine Erfolgsgeschichte. Nun hoffen wir, dass es möglichst schnell eine ähnliche wieder geben wird.


Wie sieht die Zukunft des Computers aus?


Sander: Total spannend und aufregend. Wir sind zwar seit den C64-Zeiten schon ein ganzes Stück in der Technik voran gekommen, aber das ist erst der Anfang der Fahnenstange.


Streiff: Eigentlich ist es verrückt, wenn man sich vorstellt, dass es heute noch C64 gibt, die eine Maschinensteuerung übernehmen, die bei Modelleisenbahnern die Stellwerke steuern. Das ist schon enorm, dass bei der heutigen Computer-Geschwindigkeit diese Dinosaurier der Urzeit überhaupt noch eine Funktion haben. Ohne Computer wird ein Leben für uns nicht mehr vorstellbar sein.

 

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