30. Juni 2023
Entscheider

„Wer regional kaufen will, der kauft bei Rosier“

Stefan Becker, Niederlassungsleiter von Rosier Braunschweig, im Interview

Stefan Becker leitet die Rosier-Niederlassung in Braunschweig. Foto: Niklas Eppert

Die Rosier-Gruppe hat in herausfordernden wirtschaftlichen Zeiten zwischen Inflation und Lieferkettenproblemen viel Geld in einen umfassenden Umbau des Unternehmensgeländes gesteckt. Mit Niederlassungsleiter Stefan Becker haben wir darüber gesprochen, warum er den Umbau trotz allem für eine gute Entscheidung hält, er optimistisch in die Zukunft schaut und sein Autohaus regionaler als VW ist.

Herr Becker, Sie haben umgebaut! Warum eigentlich?
Zum einen war es bitter nötig, denn dieses altehrwürdige Haus musste auf den neuesten Stand gebracht werden – mit dem Anspruch, unseren Kunden die modernste Autohaus-Erlebniswelt in der Region zu bieten. Zum anderen gibt es eine von Mercedes vorgegebene Markenarchitektur, an die wir uns halten müssen. Also haben wir grundlegend modernisiert, unseren Schauraum um 400 Quadratmeter vergrößert und auch digitalisiert. Dazu haben wir energetisch saniert, mit ein paar hundert Quadratmetern Photovoltaik, und unsere Ladeinfrastruktur für unsere Kunden vergrößert.

Was bedeutet das für Ihre Kunden?
Der Mehrwert für unsere Kunden stand an erster Stelle. Wir haben erst die Gebrauchtwagenausstellung renoviert, saniert und modernisiert, dann eine Transporterwelt gebaut und den Pkw-Bereich erweitert. Es gibt ein Kundencafé, offene Verkaufsbereiche und neue Kundenbildschirme. Das Ambiente ist einzigartig geworden; die Außenanlagen werden ebenfalls noch verschönert.

Aktuell betreiben Sie 14 Standorte in Niedersachsen, NRW, Sachsen-Anhalt und auf Sylt. Bleibt es dabei?
Grundsätzlich planen wir natürlich, weiter zu wachsen, aber nur, wenn sich eine passende Offerte ergibt. Dann werden wir zugreifen. Als Autohausgruppe sondieren wir immer den Markt und sind fähig, zu expandieren.. Konkret ist aber nichts.

Baumaßnahmen sind aktuell teuer. Wie sehr hat das Projekt den Betrieb finanziell belastet?
So einen Umbau zahlen wir natürlich nicht aus der Portokasse. Wir haben in einer Zeit finanziert, in der die Zinsen noch recht niedrig waren. Das haben wir mit regionalen Partnern gut hinbekommen. Der Umbau war die richtige Entscheidung. Hinzu kamen weitere Herausforderungen. In der Umsetzungsphase hat erst Corona zugeschlagen, dann kamen Lieferkettenprobleme hinzu und zuletzt die Inflation. Auch Baufirmen waren nur schwer verfügbar.

Aus hell wird dunkel: Der Umbau des Autohauses ist auf den ersten Blick erkennbar. Foto: Rosier

Diese Faktoren haben doch sicher auch das Kerngeschäft beeinflusst…
Inflation, Kaufzurückhaltung und Zinssteigerung merken wir natürlich. Nicht nur von Kundenseite, auch unsere Kosten steigen. Trotzdem glauben wir an uns, die Marke und die Region. Der Umbau ist eine Zukunftsinvestition.

Was stimmt Sie optimistisch? Der finanzstarke Kundenstamm?
Wir verkaufen ja nicht nur an Topverdiener, sondern auch an die Mittelschicht. Wir merken das schon. Gerade, weil wir auch viele Geschäftskunden haben. Kleine Handwerksbetriebe zum Beispiel, die dann Sprinter oder Vitos kaufen. In der aktuellen Lage überlegen die sich zwei Mal, ob sie etwas Neues kaufen. Da ist der ifo-Geschäftsklimaindex für uns ein zuverlässiger Indikator: Wenn der sich eintrübt, sinkt auch die Kaufbereitschaft.

Wie gehen Sie damit um?
Wir arbeiten mit Angeboten und Aktionen, mit denen wir den Kunden entgegenkommen. Das funktioniert auch in den meisten Fällen. Aber beide Seiten merken, dass der Wind jetzt eher von vorne kommt und nicht mehr von hinten.

Ist das ein Aufwind für das Gebrauchtwagengeschäft?
Ja. Der Gebrauchtwagenmarkt war zeitweise leergefegt. Das war auf Kundenseite aber weniger eine finanzielle Abwägung, sondern eine Frage der langen Lieferzeiten für Neuwagen. Durch die Lieferkettenstörungen haben sich viele Menschen für einen jungen Gebrauchten entschieden. Der Trend ist ungebrochen, das merken wir an unserem Junge-Sterne-Programm für Fahrzeuge bis 120.000 km Laufleistung. Die Lieferketten haben sich in den vergangenen Wochen deutlich entspannt, daher sind wir bei Neufahrzeugen wieder gut lieferfähig. Die Nachfrage nach Gebrauchtwagen könnte deshalb etwas nachlassen.

Passen Autos mit so großen Motoren überhaupt noch in die Zeit von Diskussionen über Nachhaltigkeit und Kritik an fossilen Kraftstoffen?
Autos passen in diese Zeit und die Zukunft, weil sie Gefühle ansprechen. Mobilität ist nicht nur, von A nach B zu kommen. Autofahren bedeutet auch Lustgewinn, Leidenschaft und Emotion. Natürlich kann man Acht-Zylinder-Motoren mit zweistelligem Verbrauch auf 100 Kilometern in Frage stellen. Die wirken vielleicht aus der Zeit gefallen oder nicht politisch korrekt. Aber für unsere Kunden sind sie oft Zweitautos. Spaß am Fahren muss doch erlaubt sein. Und die meisten unserer Autos haben einen praktischen Zweck, den sie hervorragend erfüllen. Darüber hinaus bietet Mercedes-Benz gerade im Bereich der Elektromobilität attraktive Modell-Alternativen, verfolgt im Rahmen seiner Electric-First-Strategie konsequent den Weg zur CO₂-Neutralität und investiert massiv in die
Transformation.

Stefan Becker ist sichtlich zufrieden mit den neuen Verkaufsräumen. Foto: Niklas Eppert

Auf welchen praktischen Zweck beziehen Sie sich?
Eine klassische Reiselimousine zum Beispiel erfüllt auch einen praktischen Zweck. Das sind Autos mit wirklich niedrigen Verbräuchen, wenn man bedenkt, was sie bewegen. Zumal oft ein Unternehmenslenker im Auto sitzt, und zwar hinten rechts mit dem Laptop auf dem Schoß. Für mich ist das eine ähnliche Diskussion, wie um die First und Business-Class im Flugzeug. Wenn Sie acht Stunden in der Economy-Class im Flugzeug arbeiten, nehmen Sie danach keinen Termin mehr wahr, weil Sie vollkommen platt sind. Menschen brauchen Platz.

Studien zeigen, dass das Auto als Fortbewegungsmittel in jungen Generationen an Beliebtheit verliert…
Für Berlin, wo Stoßstange an Stoßstange auf zu wenig Parkplätzen steht, mag das zutreffen. Da kommen Sie auch mit der U-Bahn überall hin. Für Menschen im Harz oder auch nur in den Außenbezirken von Braunschweig, sieht das anders aus. Wir können nicht alle im Magniviertel wohnen.

Von der Hand zu weisen sind die Studien aber nicht…
Je urbaner eine Wohnsituation ist, desto eher kann ich das verstehen. Aber ich habe einen 16-jährigen Sohn. Natürlich könnte man behaupten, dass er mit Benzin im Blut aufgewachsen ist. Aber mein Sohn fährt jetzt ein Motorrad und freut sich schon darauf, ein Auto zu haben. Bei seinen Klassenkameraden sieht das nicht anders aus. Ich bin also zuversichtlich, auch wenn das natürlich keine repräsentative Umfrage ist.

Welches Auto fahren Sie selbst?
(lacht) Ich besitze mehrere Autos und fahre zudem Motorrad. Bis auf das Motorrad stammt natürlich alles aus unserem Haus. In der Regel bin ich aber im Dienstwagen unterwegs, einem klassischen Verbrenner. Ich nutze aber auch ein E-Auto. Damit zu fahren, macht wirklich Laune. Das mache ich extrem gerne.

Worauf achten Sie beim Autokauf? Was macht für Sie ein gutes Auto aus?
Eine gewisse Sportlichkeit ist mir wichtig. Ich bin aber auch sehr Design-verliebt. Zu groß darf der Wagen aber auch nicht sein, ich finde schon gern einen Parkplatz in der Stadt. Wenn der Motor nicht ganz klein ist, ist das auch nicht so schlimm (lacht). Ich würde sagen, das Gesamtpaket muss passen. Ich will Spaß an dem Auto haben.

Was halten Sie vom viel diskutierten Tempolimit 130 auf deutschen Autobahnen?
Natürlich ist das keine tolle Idee. Ich kann jeden verstehen, der langsamer fahren will. Ich fahre heute auch langsamer als früher. Aber ein Tempolimit ist Bevormundung! Wir haben in Deutschland alle Freiheiten, die wir uns wünschen können, die wir aber selten wirklich spüren. Das ist gefühlte Freiheit. Ich freue mich, wenn ich mal schneller als 130 km/h fahren kann. Es gibt doch schon so viele Gräben in der Gesellschaft. Mit einer Diskussion um ein Tempolimit wird nur ein neuer geöffnet.

Wie schwer ist es eigentlich, sich als Mercedes-Autohaus in einer VW-Region zu behaupten?
Offen gesagt, schwerer als ich dachte. Ich bin seit über 25 Jahren im Automobilhandel tätig, und war bis 2012 Geschäftsführer in einem Audi-Zentrum. Ich kenne also die VW-Welt. Als ich 2016 diesen Standort übernommen habe, habe ich oft genug von Kunden gehört, dass sie VW als regionale Marke fahren müssten. Das sähe sonst komisch aus. Dabei sind wir viel regionaler.

Als VW?
Natürlich. Der Passat wird in Emden gebaut, Audi in Bayern. Einen Golf fährt unsere Zielgruppe eher selten. Für die regionale Wertschöpfung ist es besser, bei uns zu kaufen. Wir haben 300 Mitarbeiter vor Ort. Die wohnen hier, leben hier und zahlen ihre Steuern hier. Wer regional kaufen will, der kauft bei Rosier.

Zieht das Argument?
Zumindest bringt es die Menschen zum Nachdenken.

Sie kennen VW von innen. Warum sind Sie zu Mercedes gewechselt?
Mercedes hat eine gewisse Strahlkraft. Wir sind die Luxus- und Premiummarke Nummer eins in Deutschland, und ich freue mich auch nach zehn Jahren jeden Tag über den Stern auf meinem Lenkrad. Ich habe die Entscheidung, zu wechseln, nie bereut. Ich habe auch meinen alten Job sehr gern gemacht, aber das hier ist einfach ein anderes Gefühl. Wenn ich zur Arbeit komme und sehe, wie sich der Stern auf dem Dach dieses riesigen Gebäudes dreht, das ist schon toll.

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