10. März 2023
Impulse

Entscheiderinnen-Edition: Was sagen Sie?

Wir haben unser Archiv nach Erfahrungen von Entscheiderinnen durchstöbert – und neue Standpunkte angefragt.

Foto: Christina @wocintechchat.com/Unsplash

Claudia Kayser. Foto: Allianz für die Region

Claudia Kayser
Leiterin Volksbank BraWo Direktion Wolfsburg und Vorstandsvorsitzende der BraWo Stiftergemeinschaft

„Den Austausch zu allgemeinen und beruflichen Themen sowohl zwischen Gleichgesinnten als auch Fachfremden empfinde ich als besonders wertvoll. Denn so erhalten wir Ideen und Inspiration für die eigene Karriere von anderen großartigen Frauen, können sinnvolle berufliche Beziehungen aufbauen, uns gegenseitig den Rücken stärken und gemeinsam Projekte und Kooperationen initiieren – und letztendlich ist Networking nicht nur gut für die Karriere, sondern macht auch noch Spaß. Deshalb organisieren wir seit acht Jahren mit großer Resonanz die Entscheiderinnenabende für weibliche Führungskräfte in unserer Region.“

Prof. Dr. Cornelia Denz. Foto: Holger Isermann

Prof. Dr. Cornelia Denz
Präsidentin der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

„Im Endeffekt geht es darum, dass Männer und Frauen um eine Stelle konkurrieren – und dabei wird mit harten Bandagen gekämpft. Aber das ist nicht nur beim Geschlecht so. Wir sehen auch, dass nur wenige Menschen mit diversen sexuellen Orientierungen oder Geschlechtsidentitäten, mit verschiedenen Religionen, Herkünften oder Hautfarben oder aus allen sozialen Schichten in Führungspositionen kommen. Und wenn sie es geschafft haben, werden sie oft viel kritischer betrachtet und bewertet.“

Prof. Dr. Angela Ittel
Präsidentin der Technischen Universität Braunschweig

„Gleichstellung bedeutet, alte, traditionelle Strukturen aufzubrechen. Oberflächlich würden die meisten sagen, dass sie für Chancengleichheit sind. Aber wenn es dann konkret darum geht, Gleichstellung und Diversität zu fördern, wird es manchmal auch unangenehm. Dann muss man sich verändern, sich bewegen. Und darauf hat nicht jeder Lust.“

Dagmar Schlingmann. Foto: Staatstheater Braunschweig

Dagmar Schlingmann
Generalintendantin am Staatstheater Braunschweig

„Einer meiner Lehrer riet mir damals, lieber Kostümbildnerin zu werden. Das sei doch ein schöner Beruf für eine Frau (lacht). Das hat mich aber nicht beeinflusst. An jeder meiner beruflichen Stationen gab es anfangs Menschen, für die es ungewohnt war, dass eine Frau an der Spitze des Theaters steht. Mein Anspruch ist es, mich über meine Arbeit zu beweisen. Ich bin keine, die in den Raum kommt und alle in Staunen versetzt. Ich brauche Zeit, um meine Ziele zu erklären, zu zeigen, wie ich mit den Menschen arbeite und zu überzeugen.“

Lars Dannheim und Tanja Dresselmann. Foto: Andreas Rudolph/BLSK

Tanja Dresselmann
Vorständin Braunschweigische Landessparkasse

„Mir ist wichtig, dass ich wegen meiner Kompetenz Vorständin bin. In dieser Funktion bin ich automatisch Vorbild. Das merke ich sehr deutlich. Denn viele junge Frauen in der Bank suchen nach Rollenbildern und je höher man in der Hierarchie in Banken schaut, desto weniger Frauen findet man dort.“

Claudia Block
Geschäftsführende Gesellschafterin Block am Ring GmbH & Co. KG

„Der Großteil unserer Mitarbeitenden sind Männer, sicherlich auch der Branche geschuldet. Wir freuen uns aber sehr, über das steigende Interesse einiger Frauen für weiterhin Männer-dominierte Berufe. Eigentlich ist es schade, dass diese Frage noch gestellt werden muss. Wir sind stolz darauf, dass diese Diskussion in unserem Unternehmen keine Rolle mehr spielt.“

Birgit Honé. Foto: Holger Isermann

Birgit Honé
ehemalige Niedersächsische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung

„In der Politik ist vieles ritualisiert und dazu gehört auch eine bestimmte Form des Platzhirschgehabes, der persönlichen Darstellung. Ich habe mein Leben in Männerrunden zugebracht. Wo auch immer ich war, war ich fast immer die einzige Frau. Sie merken, dass Sie als Frau bei den Kollegen angekommen sind, wenn sie in Ihrem Beisein einen Witz über Frauen machen.“

Dr. Simone Burel
Geschäftsführerin LUB GmbH

„Ich sehe, dass sich gesellschaftliche Prozesse in der Sprache widerspiegeln und dass sich natürlich, wenn mehr Frauen in Führungspositionen sichtbar werden, die Sprache angleicht. Es ist normal, dass sich Sprache ändert und es ist auch wichtig, um gewisse Dinge wie soziale Paradigmen auszudrücken […].“

Reina Becker
Steuerberaterin in Westerstede und engagiert sich im Netzwerk „Fair für Kinder“

„Der Equal Pay Day sollte ergänzt werden um einen Equal Tax Day und um einen Equal Lifetime Earning day. Für das Ehegattensplitting aus den 50er war mit ein Ziel, Frauen vom Arbeitsmarkt fernzuhalten. Es ist mit ursächlich für wirtschaftliche Abhängigkeit von Frauen, es entlastet schon lange nicht mehr überwiegend Familien, sondern die klassische westdeutsche Alleinverdienerehe unabhängig vom Vorhandensein von Kindern. Unterbrochene Erwerbsbiographien und Teilzeitarbeit sind Altersarmutsfallen für Frauen. Im deutschen Steuerrecht ist es steuerlich günstiger, wenn in einer Ehe statt des Partners ein Kind stirbt. Eine Modifizierung des Ehegattenspltittings würde finanzielle Freiräume schaffen, Familien jeglichen Familienstandes zu entlasten und dies, ohne den Bundeshaushalt zu belasten.“

Katrin Steinecke. Foto: Holger Isermann

Katrin Steinecke
Geschäftsführerin der Meisterbäckerei Steinecke GmbH & Co. KG

„Man muss sich seinen Respekt schon erarbeiten, wenn man als junges Ding in ein Unternehmen kommt. Dass ich 100 Prozent Rückendeckung hatte, war natürlich Gold wert. Ich musste mich unter Beweis stellen und diese Möglichkeit hat mein Opa mir gegeben. Ihn haben die unterschiedlichen Geschlechter bei der Arbeit eigentlich nie interessiert. Ihm ging es immer um Qualität, Leistung und Zuverlässigkeit.“

Drei Fragen an: Jessica Gümmer-Postall, Personalvorständin der Evangelischen Stiftung Neuerkerode

Jessica Gümmer-Postall. Foto: Nina Stiller


Machen Tarifverträge Gehalts­strukturen gerechter?

Tarifverträge regeln sehr transparent alle relevanten Rahmendaten des Arbeitsverhältnisses, die verlässlich und auch einklagbar sind: Von der Entlohnung der verschiedenen Eingruppierungen sowie Stufen über die Arbeitszeit, den Urlaubsanspruch bis hin zu Vorteilen im Laufe des Arbeitsverhältnisses wie zum Beispiel zusätzlichen freien Tage und einer guten betrieblichen Altersvorsorge, also einer starken Absicherung für die Zukunft.

Und konkret: Sind Sie ein Instrument, um dem Gender Pay Gap entgegenzuwirken?
Es zählt nur die Qualifikation und die jeweilige Berufserfahrung – das Geschlecht spielt überhaupt keine Rolle, so dass Frauen per se nicht benachteiligt, sondern auf Augenhöhe behandelt werden. Im Vollzeit-, aber auch in jedweder Abstufung des Teilzeitjobs. Wir sind davon überzeugt, dass Tarifverträge ein sehr gutes Instrument sind, um dem Gender Pay Gap entgegenzuwirken, zumal in unserem diakonischen Tarifvertrag mitunter mehr gezahlt wird als in anderen Tarifverträgen.

Was sind Ihre Erfahrungen aus der Praxis?
Die Frauenquote in der esn liegt bei 77 Prozent und 67 Prozent unserer Führungskräfte sind weiblich. Wir machen sehr gute Erfahrungen mit dem Tarifvertrag, da wir als verlässlicher Partner wahrgenommen werden, der auch in Krisenzeiten seinen Verpflichtungen nachkommt und beispielsweise die tariflich vereinbarten Jahres-Sonderzahlungen/Zulagen ausschüttet. Weiterhin bekommen wir von vielen Frauen das Feedback, dass sie es sehr schätzen, dass sie nicht proaktiv in Gehaltverhandlungen treten und „pokern“ müssen. Der Tarifvertrag regelt kontinuierliche Gehaltserhöhungen sozusagen automatisch, da immer wieder neue Konditionen gerecht und transparent für alle ausgehandelt werden.

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