Die Befindlichkeiten bei Corona sind ja sehr unterschiedlich – vom Ignorieren bis zum Einrichten eines Hochsicherheitstraktes ist alles vertreten.
Neu ist die Frage nach dem Impfstatus. Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass man im Arbeitsgericht sitzt und von einem anderen Anwalt gefragt wird, ob man geimpft sei … Unter Juristen ist es übrigens sehr umstritten, ob Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer nach dem Impfstatus fragen dürfen. Die wohl herrschende Meinung verneint dies.
Für die Nichtjuristen unter den Lesern sei darauf hingewiesen, dass in der Juristerei vieles umstritten ist (das hält unseren Berufsstand in Lohn und Brot) und dass es immer zwei Kategorien gibt, nämlich die herrschende Meinung und die Mindermeinung. Das kommt so oft vor, dass es dafür auch seit jeher Abkürzungen gibt – h.M. für die herrschende Meinung und M.M. für die Mindermeinung.
Will man auf der sicheren Seite sein, schließt man sich – wen wundert’s – der herrschenden Meinung an… In der heutigen Ausgabe erläutere ich Ihnen zwei Fallkonstellationen, in denen es bei einer Quarantäne keine Entschädigung gibt.
Herzlichst
Ihre RAin
Elke Fasterding
beim AGV Braunschweig
Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist so aufgebaut, dass der Arbeitnehmer im Falle einer behördlich angeordneten Quarantäne / Absonderung einen Anspruch auf Entschädigung für den Verdienstausfall hat.
Diesen Entschädigungsanspruch muss aber zunächst der Arbeitgeber erfüllen und sich sodann vom Amt auf Antrag erstatten lassen. Soweit so gut. Es gibt aber gesetzliche Konstellationen, bei denen trotz Quarantäne / Absonderung kein Anspruch auf Entschädigung besteht. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber mithin ein Risiko.
Keine Entschädigung für Ungeimpfte
§ 56 Absatz 1 Satz 4 Alternative 1 IfSG bestimmt: „Eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, oder … ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.“
Den Gesetzestext muss man gleich zweimal lesen, um ihn inhaltlich zu erfassen. Das liegt daran, dass Juristen endlos lange und verschachtelte Sätze lieben. Es besteht oft eine unbegründete, jedoch große Angst, einen Punkt zu machen, ohne vorher alles in einen Satz gepackt zu haben.
Es handelt sich um einen gesetzlichen Anspruchsausschluss, wenn eine Quarantäne durch eine Impfung hätte vermieden werden können.
Die Voraussetzungen sind:
Die Impfung ist gesetzlich vorgeschrieben oder wird öffentlich empfohlen.
Durch die Impfung hätte die Quarantäne vermieden werden können.
Die STIKO empfiehlt die Impfung und die Landesgesundheitsbehörden haben sich dem angeschlossen. Dies entspricht einer öffentlichen Empfehlung.
§ 10 Absatz 1 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmeV) bestimmt als Grundsatz, dass, sofern nach Landesrecht eine Pflicht zur Absonderung besteht, dies nicht für geimpfte Personen gilt.
Noch wenden nicht alle Bundesländer § 56 I S. 1 Alt. 1 IfSG so konsequent an.
Problem: Die Vorleistungspflicht des Arbeitgebers setzt das Fragerecht nach dem Impfstatus voraus. Die Landesdatenschutzbeauftragten verneinen ein Fragerecht nach dem Impfstatus …
Keine Entschädigung für Quarantäne nach Urlaub im Risikogebiet
Einen weiteren Anspruchsausschluss regelt § 56 Absatz 1 Satz 4 Alternative 2 IfSG: Es gibt nämlich keine Entschädigung, wenn die Quarantäne nach einem Urlaub in einem Risikogebiet angeordnet wird.
Die Voraussetzungen sind:
Die Quarantäne hätte durch Nichtantritt der Reise vermieden werden können.
Die Reise war vermeidbar (= keine zwingenden und unaufschiebbaren Gründe für die Reise, § 56 Absatz 1 Satz 5 IfSG)
Das Urlaubsgebiet war zum Zeitpunkt der Abreise als Risikogebiet eingestuft.