30. Januar 2018
Management & Trends

„Finde deinen inneren Muhammad Ali“

Rechtsanwalt und Professional Speaker Dr. Erkan Altun will seine Zuhörer auf eine Reise zur dunklen Seite ihrer Persönlichkeit mitnehmen

Rechtsanwalt und Professional Speaker Dr. Erkan Altun. Foto: www.bierwagenfoto.de

Dr. Erkan Altun ist ein Gastarbeiterkind. Er kam 1977 in Salzgitter auf die Welt und wuchs im Ortsteil Fredenberg auf, wo er auch sein Abitur ablegte. Ein Abschluss, der aufgrund seiner Sozialisation nicht selbstverständlich war. Das Umfeld war schwierig, viele seiner Freunde gerieten auf die schiefe Bahn. Dem entging er wohl aufgrund des Boxsports. „Das hat mich Disziplin gelehrt und mich mehr oder weniger von der Straße ferngehalten“, sagt er heute in seinem Büro am Kalenwall in Braunschweig.

Später ging er zur Bundeswehr und entschied sich für ein Studium der Rechtswissenschaften in Hannover. Mit einer Tätigkeit als Versicherungsfachmann finanzierte er sich das Studium selbst. Während seines Referendariats zum Juristen bemerkte er, dass ihm das Strafrecht deutlich mehr zusagt. Nach kurzer Zeit als Angestellter eröffnete der sportaffine Anwalt im Jahr 2005 eine Kanzlei in Braunschweig, die er bis heute betreibt. Vor sechs Jahren schlug der 40-Jährige ein neues Kapitel auf und absolvierte berufsbegleitend eine Ausbildung zum Professional Speaker. Altun: „Ich habe bereits zu meiner Zeit in der Versicherungsbranche mein Interesse an Rhetorik bemerkt. Meine Fähigkeiten wollte ich dann verfeinern.“ Zunächst sei dies nur als Weiterbildung für seine Tätigkeit als Strafverteidiger vor Gericht gedacht gewesen. Mit der Zeit fand er aber immer größeren Gefallen daran, auf der Bühne zu stehen. Heute ist er bestrebt, ein ausgewogenes Verhältnis als Strafverteidiger und zum anderen als Vortragsredner zu finden. In letzterer Funktion ist Dr. Erkan Altun am 7. Februar mit dem Vortrag „Charakter.stärken – Ein Plädoyer für Werte und Moral“ zu Gast im BZV Medienhaus, Hintern Brüdern 23. Wir sprachen vorher mit ihm über den Inhalt seines Programms.


Herr Dr. Altun, ist der Mensch von Natur aus böse oder schlecht?

Weder noch. Es gibt aber bestimmte Veranlagungen, die unserer Entwicklung geschuldet sind, die gewisse Tendenzen geben. Die meisten Menschen würden sich als grundsätzlich „gut“ bezeichnen und ignorieren dabei oftmals die dunklen Seiten ihrer Persönlichkeit, die aber zweifelsohne vorhanden sind. Darauf gehe ich in meinem Vortrag spezieller ein und provoziere mein Publikum gerne auch damit.


Was ist Ihre dunkelste Eigenschaft?

Es gibt natürlich dunkle Seiten, die … (zögert). Natürlich spricht man nicht offen über alles, aber man sollte es sich zumindest selbst eingestehen. Dunkle Eigenschaften müssen aber auch nicht schlecht sein. Neid beispielsweise kann schlechtes hervorrufen. Aber auch ein starker Antrieb sein. Es kommt darauf an, wie man es kanalisiert. Das setzt aber voraus, sich über den Neid bewusst zu werden.


Was macht einen starken Charakter aus?

Charakterstärke entsteht von innen. Etwa dann, wenn die persönlichen Werte mit dem eigenen Handeln in Einklang stehen. Handelt ein Mensch in Konfliktsituationen nach seiner Moral, völlig unabhängig davon, ob es zu seinem Nachteil ist, ist es ein starker Charakter. Als Muhammad Ali sich damals entschied, nicht in den Vietnam-Krieg zu ziehen, weil es mit seinen Werten nicht vereinbar war, wusste er, dass diese Entscheidung unpopulär war und er dafür auch ins Gefängnis muss. Trotzdem hat er es nicht getan und auch deshalb wird er heute als der größte Sportler aller Zeiten gefeiert.


Kann ein Mensch nach Ihren Vorstellungen überhaupt Fehler im herkömmlichen Sinn machen oder bringt einen jede Erkenntnis weiter?

Letzteres ist eindeutig der Fall. Fehler zu begehen, gehört zum Menschsein dazu. Die entscheidende Frage ist, und das zeigt auch Charakterstärke, wie gehe ich mit meinen Fehlern um. Man kann allerdings nur konstruktiv mit seinen Fehlern umgehen, wenn man die eigene Schuld sich selbst eingesteht.


Sind stärkere Charaktere automatisch erfolgreicher im Leben?

Das kann man pauschal nicht beantworten. Zunächst müsste man ohnehin erst mal definieren, was Erfolg überhaupt bedeutet. Für manche bedeutet es, als ehrlicher und aufrechter Mensch durchs Leben zu gehen. Für andere ist Erfolg gleichbedeutend mit finanziellem Reichtum.


Wie schafft man es, seine eigene moralische Identität und Werte zu erkennen und zu fördern?

Über Erfahrungen, die man im Laufe des Lebens gemacht hat. Es gilt, diese Erfahrungen zu reflektieren und sich bewusst zu machen. Durch Fehler etwa lernt man seine moralischen Grenzen am ehesten kennen. Dieser Vorgang läuft jedoch meistens unbewusst ab. Gelingt es, sich dieser Prozesse bewusst zu werden, kann man sie selbst steuern.


Neigt man nicht zu Egozentrik oder Narzissmus, wenn man sich so stark mit sich selbst beschäftigt?

Man sollte eine gesunde Mitte finden. Es ist weder gesund, sich völlig egoistisch zu verhalten, noch total altruistisch. Ich plädiere für ein ausgewogenes Verhältnis.

Wie viel zählen Werte in einer Welt, die immer anonymer und schnelllebiger wird? Oberflächlich betrachtet, nehmen sie aktuell einen sehr großen gesellschaftlichen Stellenwert ein. Aber im Konkreten, wenn man mal ganz genau hinsieht, setzen sich die Wenigsten mit ihren persönlichen Werten tatsächlich auseinander.


Was sollen die Zuhörer aus Ihrem Vortrag mitnehmen?

Ich möchte, dass sie bezogen auf ihre eigen Persönlichkeiten offen sind und ein Gespür dafür entwickeln, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Und zwar nicht nur mit den Stärken und guten Seiten, sondern und vor allem auch mit den Schwächen und dunklen Seiten.

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