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11. März 2022
Impulse

Olympia ungeschönt

Wirtschaftspodcasts, -dokus und -bücher im Standort38-Check

„Spiel mit dem Feuer", zu sehen in der ARD-Mediathek.

Spiel mit dem Feuer

Wer braucht noch dieses Olympia?
ARD-Mediathek, verfügbar bis 31.01.2023

Die olympischen Spiele haben ihre Identität verloren und das zugehörige Komitee ist zerfressen von Korruption. Trotzdem sind die Sportler noch abhängig von den Spielen und werden so oftmals zu Statisten, um sogar über die Menschenwürde hinweg einen riesigen Markt zu erschließen. Diese pointierten Thesen behandelt ARD-Olympia-Experte Felix Neureuther in einer Dokumentation im Vorfeld der Winterspiele 2022. Sie bietet eine Mischung aus Archiv- und Bildern von Protesten in China, Uiguren in Umerziehungslagern, Taiwanesen und Tibetern, die für ihre Freiheit kämpfen. Wie soll die Olympiade mit einem autokratischen Staat vereinbar sein? Für Neureuther ist klar: Gar nicht. Für dieses Fazit ist er zwar nicht nach China gereist, aber „Spiel mit dem Feuer“ ist trotzdem sehenswert. In abwechslungsreichen Einstellungen gefilmt und mit einer emotionalen inhaltlichen Klammer versehen wird nämlich deutlich: Nichts sollte außerhalb des Kontextes betrachtet werden, in dem es stattfindet — auch nicht der Sport.

Ungeschönt

KfW Bankengruppe

Ungeschönt – der Gründungspodcast.

„Risiko wagen – mit grüner Überzeugung zur Marke“ lautet der Titel der Auftaktfolge der zweiten Staffel des Gründungs-Podcasts der KfW Bankengruppe, der seit Anfang Februar wieder alle zwei Wochen auf allen gängigen Plattformen zu hören ist. Und darum geht’s in dieser Staffel: nachhaltige Gründungen, Green Economy, Gründungen junger Menschen und Start-ups aus zukunftsträchtigen Branchen. Los geht es mit der Crafting Future GmbH aus Hannover. Jan Patzer und Felix Böttcher sprechen mit Moderator Holger Tom darüber, wie sie aus altem Plastik neue Produkte herstellen und so zeigen, dass aus Plastikmüll noch andere Dinge als Blumentöpfe und Parkbänke entstehen können. Dabei trafen die Gründer von Crafting Future schnell eine richtungsweisende Entscheidung: B2B statt B2C. Indem die Firma anderen Unternehmen hilft, nachhaltige Produkte zu produzieren, maximiert sie ihren eigenen Impact. Welche Hürden gab es bei der Gründung – bei der Finanzierung, in der Technik? Die Entscheidung für nachhaltiges Material war klar, aber welche Lieferanten kommen in Frage? Im Podcast geben die beiden Gäste Antworten und sprechen darüber, wie sie aus Fehlern gelernt haben und zu etwas nachhaltigerem gekommen sind als dem handelsüblichen Joghurtbecher: der Rebowl.

Von der Steinzeit ins Internet

Der analoge Mensch in der digitalen Welt
Lutz Jäncke, Hogrefe-Verlag

„Von der Steinzeit ins Internet“, erschienen im Hogrefe-Verlag.

So viel vorweg: Diese Rezension schreibt ein Quasi-Digital-Native. Was wiederum gar nicht mehr so viel zählt. Denn sind wir während Corona nicht irgendwie alle an unseren Bildschirmen im Homeoffice festgewachsen? Jedenfalls: Dem renommierten Neurowissenschaftler Lutz Jäncke – übrigens einst Student an der TU Braunschweig – treibt unser Digitalkonsum so manche Sorgenfalte auf die Stirn. Er sei weder Zukunfts- noch Kulturpessimist, betont er auf den 168 Seiten seines neuesten Buches mehrfach – und doch liest sich das Werk wie ein einziger erhobener Zeigefinger vor dem Internet. Der Mensch, immerhin ein biologisches Phänomen tausender Jahre Evolution, könne die digitale Welt, die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts, das Multitasking nicht meistern. Vielmehr stumpfe uns die Überforderung ab. Manche Ideen des Autors sind beachtlich: Lernen wir künftig überhaupt noch Fremdsprachen, wenn wir doch den Google-Übersetzer haben? Die Stärken dieses Buches liegen ganz ohne Zweifel in den wissenschaftlichen Ausführungen. An anderen Stellen wiederum sind Beispiele und Jugendschwenks holzig, provokative Suggestivfragen überstrapaziert. Deshalb stellt der Quasi-Digital-Native auch mal eine Suggestivfrage: Muss es denn immer so negativ sein? In den Gehirnzellen bleibt von Jänckes Werk vor allem folgender Appell kleben: Künftig mehr den Kortex benutzen – wie Mr. Spock! Das ist doch mal ein Vorsatz.

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