Herr Köhler, wie sind Sie Business Angel geworden?
Ich habe früher einmal Nachrichtentechnik studiert und schließlich verschiedene Unternehmen in Braunschweig, Berlin und Frankfurt geführt, bevor ich im Jahr 2002 wieder zurück in die Region gekommen bin. Mit anderen Unternehmern haben wir dann relativ schnell überlegt, wie wir unser Know-how Gründern zur Verfügung stellen können. Damals haben wir die Business Angel Team GmbH gegründet. Es war die Zeit nach dem Platzen der Dotcom-Blase und wir sind mit unserem Vorhaben nicht überall auf Zustimmung gestoßen.
Gab es auch offene Türen?
Ja, beispielsweise beim Vorgänger der Braunschweig Zukunft GmbH im Technologiepark. Über diesen Kontakt haben wir auch unsere erste Beteiligung realisiert und das Thema hat sich langsam mehr und mehr herumgesprochen. Derweil bin ich durch die BRD gedüst und habe mir angeschaut, wie Business Angels in anderen Regionen organisiert sind und wir haben dann BANSON als Verein gegründet.
Hat die Region vorher beim Thema Gründung geschlafen?
Das nicht. Es gab bereits einige Hightech-Gründungen aus den Hochschulen – Aerodata und Simtec beispielsweise, die heute beide noch am Forschungsflughafen sitzen. Aber Business Angels mit privatem Beteiligungskapital waren etwas Neues.
Wo genau liegen die Vorteile – gegenüber öffentlichen Fördertöpfen beispielsweise?
Geld kann Ihnen jeder über den Tisch schieben – ein öffentlicher Geldgeber, eine Bank, oder ein Venture Capital. Der Business Angel stellt einem Gründer idealerweise aber zusätzlich sein Netzwerk und Know-how zur Verfügung. Das ist enorm wichtig, damit ein Startup zum Erfolg wird.
Wer ist heute als Business Angel in der Region aktiv?
Die Palette ist sehr breit. Es gibt sowohl die „Rentner“, die noch einen Geldberg übrig haben und damit etwas Sinnvolles anfangen wollen, als auch aktive Unternehmer, die zusätzlich zum eigenen Geschäft etwas investieren. Die Motivation ist sehr unterschiedlich, genau wie es die investierten Summen sind.
Das erfolgreichste Startup ist ausgerechnet Pizza.de und keine Hightech-Gründung. Geht die Region vielleicht zu verkopft an das Thema heran?
Nein, natürlich haben wir hier auch die klassischen Web-Gründungen, die man vor allem in Berlin vermutet. Die Themen sind sehr vielschichtig, das erlebe ich jedes Jahr bei den zwei Gründungswochen, die wir an der TU Braunschweig und der Ostfalia veranstalten. Wirklich schade ist, dass viele vor allem wegen der Credits kommen und selbst vielversprechende Ideen nicht umsetzen. Diese Erfahrung haben wir auch schon bei verschiedenen Gründungswettbewerben gemacht …
… dass eine prämierte Idee nicht realisiert wird?
Ja, es gibt sogar junge Menschen, die regelrecht von einem Businessplanwettbewerb zum anderen gereicht werden, auch deutschlandweit – und irgendwann die Bodenhaftung verlieren, anstatt tatsächlich zu gründen.
Das klingt fast ein wenig nach einem sich selbst erhaltenden System …
Durchaus – und zwar auf allen Ebenen. Es gibt nicht wenige Gründer, die vor allem Förderungen mitnehmen und zudem kaum jemanden auf der anderen Seite, der ihnen brutal die klare Wahrheit sagt. Dabei könnte es eine Rolle spielen, dass die Wirtschafts- und Gründungsförderer gewisse Quoten erfüllen wollen. Sie stehen außerdem in einem Wettbewerb untereinander …
Fehlt eine gemeinsame Strategie für das Thema Gründungen?
Teilweise gibt es Ansätze, beispielsweise von der Wolfsburg AG oder der Allianz für die Region. Das Problem ist eher, dass diese nicht von allen angenommen werden. Denn unterschiedliche Akteure haben Angebote in diesem Bereich und viele von ihnen sehen sich als Zentrum der Gründungsregion.
Wer könnte die Klammer bilden?
Das müssen andere beantworten. Wichtig ist, dass wir die Anstrengungen bündeln. Ein Beispiel: Wie viele regionale Startup-Preise kennen Sie?
Vier fallen mir sofort ein …
Stimmt. Es gibt den Idee-Wettbewerb, den Heinrich-Büssing-Preis, den IHK-Technologietransferpreis, den Braunschweiger Gründerpreis und noch einige andere. Wäre es nicht sinnvoller, diese Preise zumindest auf einer feierlichen Gala zu verleihen, anstatt viele kleine Veranstaltungen zu organisieren? In anderen Regionen passiert das.