29. Januar 2018
Wirtschaftspolitik & -förderung

„Wir sind klein, fein und exklusiv!“

Der Industrieklub-Vorstand im Interview zum 100. Geburtstag

Standort38 traf Volker Fr. Heemsoth (Geschäftsführender Gesellschafter Triacon), Frank-Michael Rösch (Geschäftsführer BBR Holding GmbH) und Christian Zigldrum (Geschäftsführender Gesellschafter Zigldrum Family Office) zu einem Gespräch. Foto: Holger Isermann

Zwei Tage nach dem IHK Neujahrsempfang am 9. Januar in der Braunschweiger Stadthalle herrscht beim Industrieklub immer noch Feierstimmung. Das zeigt nicht nur eine geöffnete Flasche Champagner auf dem Tisch, sondern auch ein bestens gelaunter Vorstand. Standort38 traf Volker Fr. Heemsoth (Geschäftsführender Gesellschafter Triacon), Frank-Michael  Rösch (Geschäftsführer BBR Holding GmbH) und Christian Zigldrum (Geschäftsführender Gesellschafter Zigldrum Family Office) in den Räumlichkeiten der Triacon Holding GmbH in der Volkmaroder Straße zu einem Gespräch über elitäre Netzwerke, leise Lobbyarbeit und die Bedeutung der Industrie für die Region…


Der Industrieklub Braunschweig wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Welche Bedeutung hat er heute noch?


Volker Fr. Heemsoth: Das ist nicht so leicht zu beantworten. Wir wirken nicht nach außen, sondern nach innen. In der Außenwahrnehmung wusste bis zum 8. Januar kaum jemand, dass es uns gibt und was wir tun. Das dürfte mittlerweile aber anders sein.


Frank-Michael Rösch: Laute Lobbyarbeit war nie das Ziel des Klubs, aber über den Einfluss der Einzelpersonen können wir natürlich schon etwas bewegen. Bei unseren Zusammenkünften erfahren wir von den Nöten und Befindlichkeiten einzelner Mitglieder und setzen uns ein.


Christian Zigldrum: Genau, aber das passiert eher geräuschlos.


Rösch: Wenn die Stadthalle doch abgerissen und nicht renoviert werden sollte, wissen Sie, wie weit unser Arm reicht. (Alle lachen) (Der Industrieklub-Vorstand Volker Fr. Heemsoth hatte in seiner Rede beim Neujahrsempfang den Abriss und statt der Sanierung einen Neubau der Stadthalle gefordert.)


Sind Sie zufrieden mit dem Abend?


Heemsoth: Wir haben uns relativ schnell gegen eine Veranstaltungsagentur und dafür entschieden, den Neujahrsempfang selbst zu organisieren. Der Plan ist aufgegangen. Es ist genauso geworden, wie wir es uns das vorgestellt haben.

Was haben Sie sich denn vorgestellt?


Rösch: Wenn der Industrieklub 100 Jahre alt wird und den Neujahrsempfang ausrichtet, dann kann es kein Catering, wie auf einem Campingplatz geben und niemand sollte auf Bierzeltbänken sitzen …


Heemsoth: … erst einmal sollte man überhaupt sitzen können. (lacht) (Der Neujahrsempfang in der Kaiserpfalz in Goslar im vorigen Jahr war ein Stehempfang.)


Rösch: Auf jeden Fall erwartet man von uns einen gewissen Standard – auch beim Büffet. Und man hat hoffentlich gemerkt, dass wir nicht ganz unten ins Regal gegriffen haben.


Der Anspruch war also hoch?


Heemsoth: Wir sind eben der Industrieklub.


Was bedeutet dieser Satz? Wie unterscheiden Sie sich denn von anderen Netzwerken?


Zigldrum: Wir sind klein, fein und exklusiv!


Heemsooth: Das sorgt für eine ganz besondere Intimität und Vertrautheit zwischen den Mitgliedern.


Rösch: Die Themen, die wir bewegen, sind außerdem schon sehr anspruchsvoll. Es geht bei unseren Treffen nicht nur um Belustigung. Wer einlädt, möchte etwas mitteilen und wer kommt, etwas mitnehmen. Das ist nicht in allen Netzwerken so.


Ist der Industrieklub das elitärste Netzwerk in der Region?


Heemsoth: Selbst würden wir das nicht behaupten, aber wenn Sie es sagen, würden wir wohl auch nicht unbedingt widersprechen.


Rösch: Vielleicht ist selektiv der treffendere Begriff. Wir scheuen uns ja schon, das Wort Elite überhaupt in den Mund zu nehmen, da es mittlerweile fast zum Schimpfwort verkommen ist.


Zigldrum: Wir sind auf jeden Fall keine Netzwerkveranstaltung wie jede andere. Wer nur Geschäfte anbahnen und Visitenkarten verteilen möchte, ist hier falsch. Unsere Mitglieder müssen sich und ihre Erfahrung wirklich in die Gemeinschaft einbringen wollen. Das ist eine Grundvoraussetzung.


Heemsoth: Ja, vor allem bei den gegenseitigen Firmenbesuchen. Das sind sehr offene und ehrliche Gespräche. Auch Unternehmer, die sonst in der Öffentlichkeit vor allem glänzen, erzählen bei diesen Treffen von den Niederlagen und Schwierigkeiten. Das sind die wertvollsten Erfahrungen.


Wie wird man Mitglied bei Ihnen?


Zigldrum: Über ein Empfehlungsmanagement. Nach einem Antrag entscheidet der Vorstand und man ist einige Zeit Gast, damit sich beide Seiten kennen lernen. Dann wird entschieden. Der Prozess hat sich sehr bewährt.


Heemsooth: Menschen müssen zueinander passen. Es sollen sich Freundschaften entwickeln. Unsere Mitglieder sind deshalb handverlesen.


Rösch: Aktuell findet auf jeden Fall eine deutliche Verjüngung statt.


Heemsooth: Stimmt. In der Außenwahrnehmung waren wir lange der Altherrenklub, aber das stimmt längst nicht mehr. Die beruflich Aktiven sind mittlerweile deutlich in der Überzahl.


Kommt es oft vor, dass jemand nach einer Bewerbung und der Probephase abgelehnt wird?


Rösch: Relativ häufig. Wissen Sie, diejenigen, die sich mit einem blumigen Schreiben bewerben, suchen wir oft ohnehin nicht.


Voigtländer, Büssing, Langerfeld: Viele der großen Unternehmen, die den Klub gegründet haben, gibt es nicht mehr …


Heemsoth: Deshalb haben wir uns gewandelt und mittlerweile immer mehr Dienstleister und Freiberufliche in unseren Reihen. Bin ich mit meinen Immobilien überhaupt Industrie oder Frank Rösch mit seiner Verkehrssteuerung?


Rösch: Na, wenn das keine Industrie ist, was denn dann? (lacht)


Welche Bedeutung hat die Industrie denn heute noch für unsere Region?


Rösch: Es gibt hier auch jenseits von Volkswagen viele Unternehmen, die oftmals gar nicht so bekannt und vor allem im Maschinenbau tätig sind.


Zigldrum: Gerade im Bereich der KMUs würde ich das absolut unterschreiben. Schon bei der Gründung des Klubs war übrigens die Vernetzung zwischen Industrie und Universität ein Ziel. Rösch: Das hat sich nicht geändert. Auch wir wollen junge Entrepreneure ermuntern, sich mit ihren Ideen einzubringen.


Klappt der Transfer zwischen den Etablierten und den Startups?


Zigldrum: Er könnte intensiver sein. Die Unternehmen engagieren sich viel stärker, als es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, aber mir persönlich fehlt deutlich das politische Engagement.


Heemsoth: Absolut. Wenn Politiker von Industrie 4.0 sprechen, denken sie häufig an die Verlegung eines Breitbandkabels, aber das ist lediglich eine Voraussetzung und nicht mehr.


Sehen Sie eine Zukunft für Industrie, wie wir sie heute verstehen?


Zigldrum: Sie wird sich sehr stark wandeln. Aber alles, was wir konsumieren, muss auch zukünftig irgendwo von irgendjemandem produziert werden. Dieses Prinzip wird überdauern.


Sind für das Jubiläumsjahr weitere Veranstaltungen geplant?


Heemsoth: Unsere interne Feier findet eine Woche nach dem eigentlichen Gründungsdatum statt. Denn am 11. Februar ist in Braunschweig der Karnevalsumzug. Erst wird es eine Andacht im Dom und dann mit rund 250 Personen ein Essen in der Burg Dankwarderode geben.


Rösch: Der Kollege Heemsoth hat das gerade mit dem nötigen Unterstatement beschrieben. Wir wissen, dass der Saal so ein Bankett noch nicht gesehen hat.

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